Ehe: Was eine Wahlfreiheit bringt
Ab 2019 sollen Ehe und Eingetragene Partnerschaft allen offenstehen. Auch ein Modellwechsel wäre möglich.
Justizminister Josef Moser will ab 2019 die Ehe und die Eingetragene Partnerschaft (EP) für alle öffnen. Doch ganz einig scheint sich die Regierung dabei nicht zu sein. Die blaue Regierungshälfte vermied es am Freitag, zu dem Thema Stellung zu nehmen. Regierungssprecher Peter LaunskyTieffenthal teilte nur schriftlich und relativ nichtssagend mit, es liege „an der Bundesregierung, die diversen Möglichkeiten zu prüfen und zeitgerecht darüber zu informieren“.
Insbesondere die FPÖ stand der Ehe für alle immer kritisch gegenüber. Auch ÖVPChef Sebastian Kurz war mit einer Ablehnung der Eheöffnung für Homosexuelle in den vorjährigen Nationalratswahlkampf gezogen. Im Dezember 2017 hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) aber entschieden, dass ab 2019 zwischen homo- und heterosexuellen Partnerschaften nicht mehr differenziert werden darf. Minister Moser erklärte im „Presse“-Interview (Freitagsausgabe) nun: „Ich folge dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, das besagt: Ehe für alle und Eingetragene Partnerschaft für alle.“
Aber welche Möglichkeiten hätte die Koalition? Und für welche Beziehungen würde sich künftig eine Ehe und für welche eine Eingetragene Partnerschaft besser eignen, wenn die Liberalisierung kommt? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
1 Muss die Koalition nach dem VfGH-Erkenntnis überhaupt tätig werden? Und wenn sie das Gesetz ändert, welche Möglichkeiten hat sie?
Die Politik ist nicht gezwungen zu handeln. Macht sie nichts, stehen nach der VfGH-Entscheidung sowohl Ehe als auch EP ab 2019 automatisch allen offen. Gleichgeschlechtliche Paare dürfen dann auch eine Ehe eingehen. Und Mann und Frau können die bisher Homosexuellen vorbehaltene EP schließen.
Möglich wäre es aber auch, die EP ganz abzuschaffen, sodass es nur noch die Ehe für alle gibt. Das will Moser jedoch nicht. „Wenn man die Eingetragene Partnerschaft wegfallen ließe, würde das bedeuten, dass ich Menschen, die die Eingetragene Partnerschaft als aus ihrer Sicht modernere Variante der Partnerschaft eingegangen sind, zwinge, eine Ehe einzugehen“, argumentiert er.
Die Ehe abzuschaffen und nur die EP für alle bestehen zu lassen würde der Europäischen Menschenrechtskonvention widersprechen. Sie sieht ein Recht auf Ehe vor.
2 Was sind die rechtlichen Unterschiede zwischen der Eingetragenen Partnerschaft und der klassischen Ehe?
Schon in der Vergangenheit sind die Unterschiede zwischen der Ehe und der EP – insbesondere durch Gerichtsentscheidungen – immer geringer geworden. Insgesamt 29 Unterschiede sind aber noch geblieben.
So besteht in der Ehe eine Treuepflicht, in der EP eine Vertrauensbeziehung. Der Unterschied zeigt sich etwa darin, wenn die Partner eine offene Beziehung vereinbaren. In der Ehe kann ein Partner jederzeit darauf pochen, dass der andere ab sofort wieder treu sein muss. Ist in einer EP die offene Beziehung gelebte Praxis, kann sie ein Partner dem anderen nicht so leicht untersagen.
Die Unterhaltsregeln sind im Eherecht restriktiver. Will sich jemand, obwohl er selbst am Beziehungsende schuld ist, vom anderen auch juristisch trennen, kann das teuer werden. So droht nach der Scheidung ein Unterhalt in derselben Höhe, wie er in einer aufrechten Ehe gezahlt werden muss. Die Summe fällt vor allem dann hoch aus, wenn der andere Partner in der Ehe nicht werktätig war. Bei einer EP kann man vom Expartner hingegen leichter verlangen, dass er nach der Trennung wieder arbeiten geht.
Bei einer Ehe kann ein Partner die vom anderen gewollte Scheidung bis zu sechs Jahre hinauszögern, bei der EP nur drei Jahre lang. Eine EP darf man ab 18 Jahren eingehen, eine Ehe bei Zustimmung der Eltern ab 16. Dabei hat die Ehe mehr Pflichten. Eine Verlobung gibt es nur bei der Ehe. Die Ehe wird durch das Ja-Wort gültig, die EP per Unterschrift.
Wer eine EP schließt, muss beachten, dass diese nicht weltweit anerkannt wird und Partner im Ausland als untereinander Fremde gelten können. Denn nicht alle Länder kennen eine Eingetragene Partnerschaft. (siehe Seite 2).
3 Darf man künftig dann auch zwischen einer Eingetragenen Partnerschaft und der klassischen Ehe wechseln?
Im Justizministerium feilt man noch an der Frage, wie ein Wechsel zwischen den Modellen erfolgen könnte. Eine gesetzliche Klarstellung steht im Raum. Eigentlich wäre aber keine Gesetzesänderung nötig, sagt Rechtsanwalt Helmut Graupner im Gespräch mit der „Presse“. Er hat die Ehe für alle vor dem VfGH erkämpft. Die fünf homo- sexuellen Paare, deren Verfahren damals anhängig waren, dürfen sogar heuer schon heiraten. Für sie gibt es einen Erlass des Innenministeriums, laut dem ihre EP nicht vor der Eheschließung aufgelöst werden muss.
Denselben Weg müsste man laut Graupner gehen, wenn zwei Eheleute künftig lieber in eine EP wechseln wollten. Der Schluss der EP würde die vorherige Ehe dann automatisch ersetzen, sagt Graupner.
Damit hätten die Bürger ab 2019 also mehr Wahlfreiheit. Außer, die Koalition änderte Josef Mosers Pläne doch noch ab.