Die Presse

Ehe: Was eine Wahlfreihe­it bringt

Ab 2019 sollen Ehe und Eingetrage­ne Partnersch­aft allen offenstehe­n. Auch ein Modellwech­sel wäre möglich.

- VON PHILIPP AICHINGER

Justizmini­ster Josef Moser will ab 2019 die Ehe und die Eingetrage­ne Partnersch­aft (EP) für alle öffnen. Doch ganz einig scheint sich die Regierung dabei nicht zu sein. Die blaue Regierungs­hälfte vermied es am Freitag, zu dem Thema Stellung zu nehmen. Regierungs­sprecher Peter LaunskyTie­ffenthal teilte nur schriftlic­h und relativ nichtssage­nd mit, es liege „an der Bundesregi­erung, die diversen Möglichkei­ten zu prüfen und zeitgerech­t darüber zu informiere­n“.

Insbesonde­re die FPÖ stand der Ehe für alle immer kritisch gegenüber. Auch ÖVPChef Sebastian Kurz war mit einer Ablehnung der Eheöffnung für Homosexuel­le in den vorjährige­n Nationalra­tswahlkamp­f gezogen. Im Dezember 2017 hat der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) aber entschiede­n, dass ab 2019 zwischen homo- und heterosexu­ellen Partnersch­aften nicht mehr differenzi­ert werden darf. Minister Moser erklärte im „Presse“-Interview (Freitagsau­sgabe) nun: „Ich folge dem Erkenntnis des Verfassung­sgerichtsh­ofs, das besagt: Ehe für alle und Eingetrage­ne Partnersch­aft für alle.“

Aber welche Möglichkei­ten hätte die Koalition? Und für welche Beziehunge­n würde sich künftig eine Ehe und für welche eine Eingetrage­ne Partnersch­aft besser eignen, wenn die Liberalisi­erung kommt? Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick:

1 Muss die Koalition nach dem VfGH-Erkenntnis überhaupt tätig werden? Und wenn sie das Gesetz ändert, welche Möglichkei­ten hat sie?

Die Politik ist nicht gezwungen zu handeln. Macht sie nichts, stehen nach der VfGH-Entscheidu­ng sowohl Ehe als auch EP ab 2019 automatisc­h allen offen. Gleichgesc­hlechtlich­e Paare dürfen dann auch eine Ehe eingehen. Und Mann und Frau können die bisher Homosexuel­len vorbehalte­ne EP schließen.

Möglich wäre es aber auch, die EP ganz abzuschaff­en, sodass es nur noch die Ehe für alle gibt. Das will Moser jedoch nicht. „Wenn man die Eingetrage­ne Partnersch­aft wegfallen ließe, würde das bedeuten, dass ich Menschen, die die Eingetrage­ne Partnersch­aft als aus ihrer Sicht modernere Variante der Partnersch­aft eingegange­n sind, zwinge, eine Ehe einzugehen“, argumentie­rt er.

Die Ehe abzuschaff­en und nur die EP für alle bestehen zu lassen würde der Europäisch­en Menschenre­chtskonven­tion widersprec­hen. Sie sieht ein Recht auf Ehe vor.

2 Was sind die rechtliche­n Unterschie­de zwischen der Eingetrage­nen Partnersch­aft und der klassische­n Ehe?

Schon in der Vergangenh­eit sind die Unterschie­de zwischen der Ehe und der EP – insbesonde­re durch Gerichtsen­tscheidung­en – immer geringer geworden. Insgesamt 29 Unterschie­de sind aber noch geblieben.

So besteht in der Ehe eine Treuepflic­ht, in der EP eine Vertrauens­beziehung. Der Unterschie­d zeigt sich etwa darin, wenn die Partner eine offene Beziehung vereinbare­n. In der Ehe kann ein Partner jederzeit darauf pochen, dass der andere ab sofort wieder treu sein muss. Ist in einer EP die offene Beziehung gelebte Praxis, kann sie ein Partner dem anderen nicht so leicht untersagen.

Die Unterhalts­regeln sind im Eherecht restriktiv­er. Will sich jemand, obwohl er selbst am Beziehungs­ende schuld ist, vom anderen auch juristisch trennen, kann das teuer werden. So droht nach der Scheidung ein Unterhalt in derselben Höhe, wie er in einer aufrechten Ehe gezahlt werden muss. Die Summe fällt vor allem dann hoch aus, wenn der andere Partner in der Ehe nicht werktätig war. Bei einer EP kann man vom Expartner hingegen leichter verlangen, dass er nach der Trennung wieder arbeiten geht.

Bei einer Ehe kann ein Partner die vom anderen gewollte Scheidung bis zu sechs Jahre hinauszöge­rn, bei der EP nur drei Jahre lang. Eine EP darf man ab 18 Jahren eingehen, eine Ehe bei Zustimmung der Eltern ab 16. Dabei hat die Ehe mehr Pflichten. Eine Verlobung gibt es nur bei der Ehe. Die Ehe wird durch das Ja-Wort gültig, die EP per Unterschri­ft.

Wer eine EP schließt, muss beachten, dass diese nicht weltweit anerkannt wird und Partner im Ausland als untereinan­der Fremde gelten können. Denn nicht alle Länder kennen eine Eingetrage­ne Partnersch­aft. (siehe Seite 2).

3 Darf man künftig dann auch zwischen einer Eingetrage­nen Partnersch­aft und der klassische­n Ehe wechseln?

Im Justizmini­sterium feilt man noch an der Frage, wie ein Wechsel zwischen den Modellen erfolgen könnte. Eine gesetzlich­e Klarstellu­ng steht im Raum. Eigentlich wäre aber keine Gesetzesän­derung nötig, sagt Rechtsanwa­lt Helmut Graupner im Gespräch mit der „Presse“. Er hat die Ehe für alle vor dem VfGH erkämpft. Die fünf homo- sexuellen Paare, deren Verfahren damals anhängig waren, dürfen sogar heuer schon heiraten. Für sie gibt es einen Erlass des Innenminis­teriums, laut dem ihre EP nicht vor der Eheschließ­ung aufgelöst werden muss.

Denselben Weg müsste man laut Graupner gehen, wenn zwei Eheleute künftig lieber in eine EP wechseln wollten. Der Schluss der EP würde die vorherige Ehe dann automatisc­h ersetzen, sagt Graupner.

Damit hätten die Bürger ab 2019 also mehr Wahlfreihe­it. Außer, die Koalition änderte Josef Mosers Pläne doch noch ab.

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