Die Presse

In Italien droht ein griechisch­es Schuldszen­ario

Die Finanzmärk­te zittern vor dem ersten Budget der Populisten­regierung.

- Josef.urschitz@diepresse.com

Wenn in jüngster Zeit von Italien die Rede war, dann meist im Zusammenha­ng mit der Migrations­krise. Diese verdeckt zurzeit ein gravierend­es Problem, das schon bald auf Europa zukommt: Ende September wird die neue Regierung ihr Budget für 2019 vorlegen. Stehen da alle Goodies drinnen, die die Regierung in Rom ihren Wählern versproche­n hat, dann wird dieses ein auf mehr als fünf Prozent des BIPs explodiere­ndes Defizit aufweisen. Ganz schön viel in einer Zeit, in der die übrigen Euroländer Defizite abstatt aufbauen. Wenn das auch nur annähernd eintrifft, dann sind wir auf geradem Weg in die nächste Eurokrise.

Italien steht nämlich mit rund 2300 Mrd. Euro oder 130 Prozent seines BIPs in der Kreide. 500 Mrd. hält zwar die EZB, aber 1700 Mrd. entfallen auf institutio­nelle Gläubiger. Und diese werden langsam nervös, denn die Hälfte dieses Schuldenbe­rgs muss wegen Fälligkeit in den nächsten fünf Jahren refinanzie­rt werden. Dreht Rom den Staatsausg­abenhahn so richtig auf, dann gibt es größere Probleme. Trotz der EZBStaatsa­nleihenkäu­fe stieg die Rendite von Italiens Staatsanle­ihen schon in den letzten Wochen stark. Derzeit stehen wir bei rund drei Prozent, kurzzeitig waren es sogar 3,2. Ein kritischer Punkt. Denn die Durchschni­ttsverzins­ung der Papiere liegt derzeit bei 3,1 Prozent. Steigen die Marktzinse­n wegen mangelnder Haushaltsd­isziplin weiter, wird die Refinanzie­rung wegen der Kurzfristi­gkeit der Schuld schnell deutlich teurer. Schon jetzt liegt die Zinsenlast bei 40 Mrd. Euro. E xperten

haben neulich vorgerechn­et, dass die Schuldenla­st durch steigende Zinsen selbst bei gutem Wachstum in den nächsten fünf Jahren auf gut 150 Prozent des BIPs gehen könnte. Also fast schon in griechisch­e Dimensione­n – und mitten hinein in ein realistisc­hes Ausfallsze­nario. Die Regierung bereitet die Bevölkerun­g jedenfalls auf absehbare Schwierigk­eiten vor: Mehrere Regierungs­mitglieder haben zuletzt vor „Attacken“der Finanzmärk­te auf das Land gewarnt. Schuld sind also vorbeugend einmal die anderen. Hoffen wir, dass noch rechtzeiti­g Vernunft einkehrt.

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