Grafenegg: Eine Novität zum Geburtstag
Die Tonkünstler brachten das Auftragswerk von Ryan Wigglesworth zur Uraufführung.
Womit Bruckners „Neunte“kombinieren? Mit dessen „Te Deum“, einer Symphonie oder einem Konzert der Wiener Klassik? Warum nicht mit einer Novität? An seinem Lebensabend beschäftigte sich Bruckner mit dem Hymnus „Der Heiland ist auferstanden“. Er sollte ihm als Inspiration für den vierten Satz seiner neunten Symphonie dienen. Dazu ist es nicht mehr gekommen. Ryan Wigglesworth hat diesen Faden aufgegriffen, sich nach thematisch verwandten Gedichten umgesehen und ist beim Lyriker George Herbert fündig geworden. Entstanden ist daraus ein sich um Christi Verhaftung, Verrat, Kreuzigung und Auferstehung drehender Zyklus für Sopran und kammermusikalisch eingesetztes Orchester, das wahlweise Streicher oder Bläser im Vordergrund sieht. Ein vor allem auf den atmosphärischen Gehalt der Texte zielendes Werk, das in seinen lyrischen Passagen eindrücklicher wirkt als in seinen dramatischen. Sophie Bevan und die Tonkünstler hoben unter Leitung des an diesem Abend seinen 39. Geburtstag feiernden Komponisten diese Novität aus der Taufe.
Haben Dirigent und Orchester dafür mehr Probenzeit aufgewendet als für das Hauptwerk? Wigglesworth ließ er bei seiner kaum zu leuchtenden Bögen findenden, mit unterschiedlich stimmigen Tempi aufwartenden Interpretation der „Neunten“zahlreiche Wünsche offen. Zudem irritierte er mit seiner großflächigen Gestik das Orchester mehr, als es zu führen. Schade, denn, dass sich die Tonkünstler auf Bruckner bestens verstehen, weiß man aus zahlreichen Aufführungen seiner Werke – unter Leitung von Bruckner-affineren Dirigenten. (dob)