Alles nicht so gemeint: Wenn Politiker einen Ausweg suchen
Mandatar Efgani Dönmez will missverstanden worden sein. So wie schon manch Volksvertreter vor ihm versuchte, den Ruf zu retten. Oft entwickeln Politiker erstaunlich viel Kreativität bei der Rechtfertigung.
Efgani Dönmez fühlt sich missverstanden. „Ich habe mit meinem Tweet den offensichtlichen Kniefall einiger Politiker und Politikerinnen sowie Parteien in Europa vor reaktionären Migrantenorganisationen assoziieren wollen“, erklärte der aus dem ÖVP-Klub Ausgeschlossene.
Andere hatten hingegen Dönmez’ Äußerung als Verweis auf Oralverkehr gedeutet. So hatte er auf die Frage eines Twitter-Users, wie die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) zu ihrem Amt gekommen sei, geantwortet: „Schau dir mal ihre Knie an, vielleicht findest du da eine Antwort.“
Immer öfter sind es Postings, über die Politiker stolpern. Ob Susanne Winter (FPÖ, Zustimmung zu Posting über „Geldjuden“), Marcus Franz (ÖVP-Klub, Angela Merkel wolle ihre Kinderlosigkeit mit Migration gutmachen) Christoph Vavrik (Neos, Adoption durch Homosexuelle sei abartig): Sie alle mussten in der vergangenen Legislaturperiode ihre Fraktion verlassen. Wobei Vavrik im damaligen ÖVP-Klub eine neue Herberge fand.
Aus Postings kommt man schwer heraus. Gerade nach mündlichen Aussagen aber entwickelten Politiker oft erstaunlich viel Kreativität bei der Rechtfertigung. Der einstige Wiener FPÖ-Chef Hilmar Kabas bestritt im Jahr 2000, Bundespräsident Thomas Klestil „Lump“genannt zu haben. Er habe „Hump“oder „Dump“gesagt. FPÖ-Klubchef Peter Westenthaler wollte 2002 nicht in den ORF kommen, weil ihm der Moderator nicht passte. „Wenn die Sendung trotzdem zustande kommt, dann gibt es Stunk“, soll Westenthaler dem Sender gedroht haben. Später erklärte er, gemeint zu haben: „Dann kommt die Trunk!“Melitta Trunk war SPÖ-Abgeordnete.
Als Karl-Heinz Grasser einst von der blauen zur schwarzen Regierungsseite überlief, zürnte Jörg Haider: „Grasser ist ein Verräter“. Aber nein, Haider habe nur „Verwehter“gesagt, erklärte der FPÖ-Politiker Thomas Prinzhorn. Der frühere Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa bestritt, den deutschen Politiker Joschka Fischer als Schwein bezeichnet zu haben. Er haben „Schweigen“gesagt. Auch der spätere Kanzler Wolfgang Schüssel widersprach 1997 Ohrenzeugen, laut denen er den deutschen Bundesbankpräsidenten eine „richtige Sau“genannt habe.
Manchmal zerstört aber ein Tonband die Verteidigungstaktik: EU-Parlamentarier Andreas Mölzer bestritt 2014, vom „Negerkonglomerat“gesprochen zu haben. Er habe „nekrophiles Konglomerat“gesagt. Nach Auf- tauchen der eindeutigen Aufnahme zog sich Mölzer aus der Politik zurück.
Man kann aber auch die Verteidigungstaktik wechseln. Als FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache 2007 vorgeworfen wurde, auf einem Jugendbild den neonazistischen „Kühnengruß“zu zeigen, erklärte die FPÖ, es handle sich um den Gruß der Südtiroler Freiheitskämpfer. Einen solchen Gruß mit drei Fingern gebe es nicht, hieß es dann aber aus Südtirol. Die neue Verteidigungstaktik lautet nun bis heute: Strache habe bloß drei Bier bestellt.
Ein anderes Problem hatte SPÖNationalratspräsident Anton Benya 1980. Er rief „Halts die Goschen da unten“, ins Plenum. Benya hatte vergessen, das Mikrofon auszuschalten. So wie manche Politiker heute zu vergessen scheinen, dass im Internet das Mikrofon immer aufgedreht ist.