Die Presse

Chronist der Bad News

Ausstellun­g. „Presse“-Fotoredakt­eur Pasha Rafiy stellt seine Bilder beim Fotofestiv­al in Arles aus. Auf ungewöhnli­che Weise mit dabei: Donald Trump.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Es gibt fast nichts, was wertloser ist, als eine ausgedruck­te E-Mail“, sagt Pasha Rafiy. Und trotzdem steht genau ein solcher, scheinbar völlig wertloser Schrieb im Zentrum seiner aktuellen Ausstellun­g in einer ausgedient­en Kirche in der Provence. Bei dem größten Fotofestiv­al Europas, den „Rencontres“in Arles, befasst sich Rafiy mit „Bad News“.

Der Titel der Schau ist in mehrerlei Hinsicht passend. Er passt in die Zeit, er passt mit gewissem Augenzwink­ern zu Rafiys Arbeit als Fotoredakt­eur bei der „Presse“(„Schlechte Nachrichte­n zahlen meine Miete“), er passt auch zu dem E-Mail ganz vorn in der Kirche: einer Absage an Rafiy, der bei Donald Trump 2012 um einen Fototermin anfragte. „Der war damals noch eine Celebrity, so ein Bösewicht – ich dachte mir, den könnte ich gut gebrauchen.“

Mit Trumps Aufstieg vom Promi zum Präsidente­n erhält das freundlich­e Schreiben des Büros Trump, mit den besten Wünschen für die Zukunft, eine andere Dimension. „Die TrumpSache betrifft uns alle“, sagt Rafiy. Den Fotografen, der in Teheran geboren ist und in Luxemburg aufwuchs, auch ganz persönlich: Unter den Bildern, die er nun zeigt, ist eines seiner Schwester, die mit ihrer Familie in New York lebt: am Strand, mit ihren Kindern, ein an und für sich unschuldig­es Motiv. Trumps Einreisest­opp für Muslime hätte bedeuten können, dass sie vom Urlaub nicht mehr nach Hause kann.

„Es liegt am Zuschauer, was er daraus macht“, sagt Rafiy über seine insgesamt recht subtilen Bilder. „Aber um die Ecke schwingen die Bad News immer mit.“Beim Porträt von Glenn O’Brien – New Yorker Stilikone und einst Mitglied von Andy Warhols Factory –, der im Vorjahr verstarb, bei den israelisch­en Soldatinne­n, die fast kokett in die Kamera blicken, bei der Japanerin, die aus dem Fenster blickt – kurz nachdem Kim Jong-un eine Rakete über Hokkaido jagte.

Der Fotograf und Filmemache­r – seine Serie „New York City Ghost“ist in der Sammlung des Mudam, seine Dokumentat­ion „Foreign Affairs“über den luxemburgi­schen Außenminis­ter war voriges Jahr für den französisc­hen Filmpreis nominiert – hat für die Ausstellun­g Bilder zusammenge­stellt, die im Lauf der vergangene­n drei Jahre in der ganzen Welt entstanden sind: vom Irak über New York bis Sibirien.

Dabei macht der 38-Jährige nicht viele Fotos. „Es kommt vor, dass ich sechs Monate lang keine Bilder mache“, sagt er. Und wenn, dann fotografie­rt er sehr selektiv, mit der seit 15 Jahren gleichen, analogen Mittelform­atkamera. „Die kann fast nichts, ich habe kein Zoom, keinen Blitz, kein Stativ.“Gerade die Beschränku­ng sucht Rafiy: „Für mich ist es das Schlimmste, wenn alles möglich ist. Ich will wenige Optionen. Und wenn das Bild bei zwei Filmrollen nicht dabei ist – Pech gehabt.“

Die Konzentrat­ion auf den Prozess vor Ort – im Gegensatz zu Fotografen, die ihr Motiv digital Hunderte Male abschießen – führe auch dazu, dass man eine Bildsprach­e entwickle. In Rafiys Fall ist diese inspiriert von dem 1964 verstorben­en Fotografen August Sander, der in seinen „Menschen des 20. Jahrhunder­ts“stets auch das Milieu der von ihm Porträtier­ten zeigte. Eines von Rafiys jüngsten Bildern wird dabei Island zeigen: Anders als Trump sagte die isländisch­e Premiermin­isterin, Katr´ın Jakobsdott­ir,´ nämlich zu. Vergangene Woche traf Rafiy sie in Reykjav´ık.

 ?? [ Romain Girtgen ] ?? Die Ausstellun­g „Bad News“in Arles. Links: der inzwischen verstorben­e Warhol-Wegbegleit­er Glenn O’Brien, rechts: Raben in Tokio.
[ Romain Girtgen ] Die Ausstellun­g „Bad News“in Arles. Links: der inzwischen verstorben­e Warhol-Wegbegleit­er Glenn O’Brien, rechts: Raben in Tokio.

Newspapers in German

Newspapers from Austria