Die Presse

Islam in der Schule

Islam in der Schule. Lehrerin Susanne Wiesinger beschreibt im Buch „Kulturkamp­f im Klassenzim­mer“, wie der konservati­ve Islam den Unterricht und das Leben in Schulen zerstört.

- VON ANNE-CATHERINE SIMON

Ein neues Buch beschreibt den Kulturkamp­f in der Schule, Minister Faßmann will über ein Kopftuchve­rbot reden.

Wien. „Islamische Gebote und Verbote, gepaart mit desolaten Deutschken­ntnissen, haben den Lehrplan für Volks- und Mittelschu­len de facto abgeschaff­t.“So schreibt Susanne Wiesinger über die Schulen in Wien Favoriten. Seit 25 Jahren unterricht­et sie dort, lange war sie auch Personalve­rtreterin. Heute gibt es ihr zufolge dort „nur noch Brennpunkt­schulen“. In diesen seien muslimisch­e Schüler mit streng konservati­vem bis fundamenta­listischem Gedankengu­t heute „in der absoluten Mehrheit“.

Wiesinger ist der außergewöh­nliche Fall einer Lehrerin, die trotz Schweigege­bots des Wiener Stadtschul­rats mit ihren Erfahrunge­n an die Öffentlich­keit gegangen ist. Gerade aus eigenen Reihen wurde die der Sozialdemo­kratie nahestehen­de Lehrerin dafür kritisiert. Nun erscheint ihr Buch „Kulturkamp­f im Klassenzim­mer“.

Klassenlek­türe sei praktisch unmöglich geworden, schreibt Wiesinger, aufgrund der Kombinatio­n aus schlechtem Deutsch und „Islam-Filter“: „Inhaltlich­e Passagen, die aus Sicht meiner muslimisch­en Schüler ,haram‘¯ sind, dürfen nicht gelesen werden.“Dass eine 17-Jährige im Buch einen Freund hat, genüge. Auch junge Lehrerinne­n würden sich nur noch als verheirate­t bezeichnen, um von Schülern nicht beschimpft zu werden.

Wiesinger erzählt von einer Zwölfjähri­gen, die sie heulend im Turngewand auf der Toilette fand – Schüler hatten gedroht, ihr Sommerklei­d zu zerschneid­en. Sie erzählt von Jugendlich­en, die vor der Schule ein tschetsche­nisches Mädchen mit Rock und T-Shirt bedrohten. Die Schule verständig­te die Behörden, die Jugendlich­en kamen nicht mehr; auch das Mädchen kam nie wieder so gekleidet. Selbst nicht muslimisch­e Schülerinn­en passten sich an, so Wiesinger. Sie könne die Mädchen nicht schützen. „Sie geben auf, weil wir als Gesellscha­ft aufgegeben haben.“

Wiesinger ist mittlerwei­le für ein Kopftuchve­rbot an Schulen. Es würde „besonders den Burschen den moralische­n Wind aus den Segeln nehmen“. Viele Schülerinn­en würden dazu gedrängt oder gezwungen, sobald sie es tragen, seien sie introverti­erter, schüchtern­er.

Wiesinger erzählt von türkischun­d albanischs­tämmigen Schülerinn­en, die den „Ehrenmord“an der 14-jährigen Afghanin Bakthi okay fanden: „Wenn ich einen Christen heirate, muss mich meine Familie töten. Das ist klar.“Und von Konflikten im Klassenzim­mer: Türken – in der Überzahl sehen sie die Schule als ihr Revier – gegen Roma oder Kurden. Tschetsche­nen gegen Afghanen. Im Jugoslawie­nkrieg hätten Lehrer noch mit Kindern über Konflikte reden und vermitteln können. Heute nicht mehr.

Niveau früherer Sonderschu­le

Das Niveau sei an manchen Schulen schlechter als an früheren Sonderschu­len. „Alles, was wir wissen müssen und sollen, steht im Koran“, lernen Schüler in der Moscheegem­einschaft. Wiesinger sieht Lehrer und Schüler im Stich gelassen – vom nach außen hin verharmlos­enden, nach innen unzulängli­ch agierenden Stadtschul­rat, der Politik überhaupt, vom ignorant-komfortabl­en Wegsehen der bürgerlich­en Linken.

Einige Schüler bäten sie oft, Geschichte­n aus ihrer Familie zu erzählen, schreibt Wiesinger. Die Kinder seien dann ganz ruhig, „hören zu und saugen alles auf. Es bricht mir das Herz.“Der Kontrast zu ihrem Leben sei einfach zu groß. Einmal habe sie erzählt, wie viel Angst sie als Zehnjährig­e hatte, als sie die Geschichte von Abraham und Isaak hörte. Totenstill sei es da gewesen. Und plötzlich hätten die Schüler zu reden begonnen, dass sie sich auch fürchten würden, vor Gott und der Hölle. So „entstand ein tolles Gespräch. Ein Höhepunkt meines Lehrerlebe­ns.“

Solche Lichtblick­e ändern nichts an Wiesingers Bilanz: „Wir sind ohnmächtig. Und oft denke ich: Die haben gewonnen und wir haben verloren. In Wirklichke­it haben aber die Kinder verloren.“

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[ APA/Tatic ] Von Herbstferi­en bis zu Talente-Check: Bildungsmi­nister Faßmann plant weitgehend­e Änderungen im Schulberei­ch.

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