Neue Spannungen im Kosovo
Krise mit Serbien. Mit brennenden Barrikaden wurde der serbische Präsident im Kosovo empfangen. Er goss mit seiner Rede Öl ins Feuer.
Belgrad/Pristina. Der Kosovo kommt nicht zur Ruhe. Brennende Barrikaden und Proteste empörter Kosovo-Albaner überschatteten am Wochenende den zweitägigen Besuch von Serbiens Präsidenten, Aleksandar Vuciˇc,´ im überwiegend serbisch besiedelten Norden des seit 2008 unabhängigen Staatsneulings. Am Sonntag blockierten hunderte Demonstranten mit Baggern, Lkw und in Brand gesteckten Barrikaden alle Zufahrtsstraßen zum serbisch besiedelten Dorf Banje, das Vuciˇc´ besuchen wollte. „Vuciˇc´ kommt hier nicht durch“, „Entschuldige dich für die Kriegsverbrechen“, hieß es auf Protestbannern.
In seiner Rede im serbischen Norden der geteilten Metropole Mitrovica erklärte Vuciˇc,´ dass die ihm unterstellte Absicht einer Anerkennung der Unabhängigkeit der Exprovinz eine „notorische Lüge“sei. Lösungsvorschläge nannte er nicht. Ein Kompromiss für das von der EU geforderte Nachbarschaftsabkommen sei „nicht in Sicht“. Seinem Ruf als Politchamäleon wurde er gerecht: Einerseits pries er den Exautokraten Slobodan Milose-ˇ vic´ als „großen serbischen Führer“. Andererseits beteuerte er den Willen zum Ausgleich mit den Kosovo-Albanern – obwohl eine Einigung „fast unmöglich“sei.
Belastet hatte die Kosovo-Reise auch seine kurzfristige Absage des für Freitag in Brüssel geplanten Treffens mit Kosovo-Amtskollegen Hashim Thaci.¸ Belgrad begründete den Affront mit der Weigerung Pristinas, eine Genehmigung für den Vuciˇc-´Besuch des auch von Serbien beanspruchten Stausees Gazivoda zu erteilen. Dass Kosovos Regierung auf Druck der EU und der USA den Seeabstecher doch noch genehmigte, wurde in Belgrad als „großer diplomatischer Sieg“Serbiens gefeiert. Die in Pristina erscheinende Zeitung „Zeri“schrieb, dass Vuciˇc´ Thaci „an einem Tag zwei Mal erniedrigt“habe.
EU-Dialogbemühungen erlitten am Wochenende einen herben Rückschlag. Während Diplomaten von „Theateraufführung für die heimische Öffentlichkeit“sprechen, übte Serbiens unabhängige Presse auch Kritik an der „perfekt inszenierten TV-Realityshow“des Kosovo-Besuchs.