Die Presse

GmbH pleite, Abfertigun­g retour

Mitgesells­chafterin. OGH wirft Exmitarbei­terin eines Verlags vor, Geld genommen zu haben, obwohl sie als (Mini-)Teilhaberi­n an der Zahlungsfä­higkeit hätte zweifeln müssen.

- VON BENEDIKT KOMMENDA

Wien. Für eine langjährig­e Mitarbeite­rin eines Verlags erwies sich ein kleiner Geschäftsa­nteil, den sie als Bonus für ihre guten Leistungen erhalten hatte, als Danaergesc­henk. Nachdem sie gekündigt worden war und der Verlag pleite gegangen ist, muss die Frau jetzt Abfertigun­gszahlunge­n zurückgebe­n. Sie war ahnungslos, was ihre Gesellscha­fterstellu­ng betraf. Das wurde ihr finanziell zum Verhängnis.

Die Frau war rund zehn Jahre bei dem Verlag und verkaufte Anzeigen und Kooperatio­nen. Dass sie 2008 in einem neuen Vertrag neben „kaufmännis­che Angestellt­e“das Attribut „Geschäftsl­eitung für Business, Developmen­t und Verkauf“verpasst bekam, hatte nur Marketingg­ründe, änderte aber nichts an ihrer Tätigkeit: Nie traf sie Entscheidu­ngen, die einer Geschäftsl­eitung zustehen. Auch der Geschäftsa­nteil von 1274 Euro, den sie damals geschenkt bekam, ließ ihre Stellung als schlichte Angestellt­e scheinbar unveränder­t.

Vier Jahre später stellte sich die Lage viel weniger günstig dar. Da das Geschäft schlecht ging, entschloss sich der Geschäftsf­ührer, die Angestellt­e zu kündigen. Dabei sollte sie rund 25.000 Euro Abfertigun­g erhalten. Da die Mittel so knapp waren, vereinbart­e der Chef mit der Frau eine Zahlung in Raten; nicht einmal die konnte er jedoch ganz einhalten, auch nicht in revidierte­r Form. Unter dem Strich erhielt die Angestellt­e nur 12.000 Euro. Und zwar zu einem Zeitpunkt, als die Gesellscha­ft eigentlich schon insolvent war.

Alarmglock­en müssten läuten

Deshalb warf die Insolvenzv­erwalterin im Konkurs der Gesellscha­ft begehrlich­e Blicke auf das Geld. Sie klagte die frühere Angestellt­e auf Herausgabe an die Masse (damit auch andere Gläubiger daran Anteil haben konnten); denn die Empfängeri­n habe die Zahlungsun­fähigkeit der Gesellscha­ft fahrlässig nicht erkannt. Angesichts der zunächst gänzlich ausbleiben­den Zahlungen hätten bei der Be- klagten „alle Alarmglock­en läuten müssen“, befand auch das Handelsger­icht Wien.

Im Gegensatz zum Oberlandes­gericht Wien teilte der Oberste Gerichtsho­f diese Einschätzu­ng der ersten Instanz: Die ehemalige Anzeigenve­rkäuferin sei zwar keine Großgläubi­gerin wie die Sozialvers­icherung; sie sei aber auch nicht nur Arbeitnehm­erin, sondern auch Minderheit­sgesellsch­afterin der GmbH gewesen. Als solche hatte sie einen rechtlich abgesicher­ten Informatio­nsanspruch. Den hätte sie wegen der klaren Insolvenzi­ndikatoren – die großen Schwierigk­eiten, die Abfertigun­g zu zahlen – nützen müssen (3 Ob 117/18d).

Also setzt sich die Insolvenzv­erwalterin mit ihrer Anfechtung der Auszahlung durch. Die einfache Angestellt­e muss die Abfertigun­g zurückzahl­en. „Die Entscheidu­ng zeigt, dass mit einer Gesellscha­fterstellu­ng durchaus Risken verbunden sind“, sagt Piotr Daniel Kocab, Rechtsanwa­ltsanwärte­r bei Lansky, Ganzger & Partner (nicht am Verfahren beteiligt).

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