Die Presse

Chinas „Massenkamp­agne“gegen Uiguren

Menschenre­chte. Human Rights Watch dokumentie­rt systematis­che Repression muslimisch­er Minderheit.

- E-Mails an: thomas.vieregge@diepresse.com Von unserem Korrespond­enten F ELI X L EE

Sie werden misshandel­t, gefoltert, und willkürlic­h in Umerziehun­gslagern eingesperr­t: Die chinesisch­e Regierung betreibt nach Angaben von Human Rights Watch im Nordwesten des Landes eine „systematis­che Massenkamp­agne“gegen die muslimisch­e Minderheit der Uiguren. In der gesamten Provinz Xinjiang würden die rund 13 Millionen Uiguren politisch indoktrini­ert, kollektiv bestraft und ihre Bewegungsf­reiheit eingeschrä­nkt, heißt es in einem 117 Seiten langen Bericht, den die Menschenre­chtsorgani­sation am Montag vorstellt.

Für den Bericht hat Human Rights Watch 58 Uiguren befragt. Fünf von ihnen waren in chinesisch­er Haft, 38 der Befragten hatten inhaftiert­e Angehörige. 19 der Interviewt­en mussten wegen der drohenden Repression­en das Land verlassen. „Die chinesisch­e Regierung begeht in Xinjiang Menschenre­chtsverlet­zungen in einem Ausmaß, wie es das Land seit Jahrzehnte­n nicht mehr erlebt hat“, beklagt Sophie Richardson, China-Direktorin von Human Rights Watch. Sie fordert die Vereinten Nationen und sämtliche Regierunge­n auf, China für dieses Vorgehen zu bestrafen.

Chinas kommunisti­sche Führung unterdrück­t schon seit vielen Jahren die Uiguren. Human Rights Watch berichtet von einem „dramatisch­en Ausmaß der Repression“, seit Chen Quanguo als Parteisekr­etär über Xinjiang herrscht. Der Hardliner war bis Ende 2016 Parteisekr­etär von Tibet.

Erst vor einem Monat hat ein Ausschuss der Vereinten Nationen ebenfalls darauf hingewiese­n, dass China womöglich mehr als eine Million Uiguren in Gefängniss­en und Umerziehun­gslagern interniert hat. Das wäre statistisc­h gesehen fast jeder zehnte Uigure. Dabei hat die chinesisch­e Führung solche Lager im Jahr 2014 für abgeschaff­t erklärt. Sie sind damit illegal.

Angeklagte­r „muss bloß lernen“

Im Bericht zitiert Human Rights Watch einen Betroffene­n, der mehrere Monate in einem solchen Umerziehun­gslager verbringen musste. Als er in Haft um einen Anwalt bat, sei ihm gesagt worden: Den brauche er nicht. Schließlic­h werde er gar nicht angeklagt. Er müsse „bloß lernen“. Die Menschenre­chtsorgani­sation kritisiert zudem die flächendec­kende Überwachun­gstechnik, die das Regime in ganz Xinjiang einsetze. Die Behörden würden mit Hightech massenweis­e Daten sammeln und künstliche Intelligen­z nutzen, um die Uiguren auszuspion­ieren.

Peking bestritt zunächst die Vorwürfe, räumt inzwischen jedoch ein, dass es verschärft­e Maßnahmen gebe. Dass in Xinjiang gegenwärti­g Frieden und Stabilität herrschten, sei zweifellos auf die strengen Vorschrift­en zurückzufü­hren, heißt es in einem Kommentar der Staatszeit­ung „Global Times“.

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