Die Presse

Nächster Schlag der USA gegen Palästinen­ser

Nahost. Die USA wollen die Vertretung der Palästinen­ser in Washington schließen. Die Regierung von Donald Trump stellt sich mit aller Macht hinter Israel und greift den Internatio­nalen Strafgeric­htshof an.

- VON STEFAN RIECHER

Das Timing mag Zufall gewesen sein, oder auch nicht. Ausgerechn­et zum jüdischen Neujahrsfe­st, an dem auch in den USA die Schulen großteils geschlosse­n sind, setzte Washington zum nächsten Schlag gegen den Erzfeind Israels an: Man werde die Vertretung der Palästinen­ser in Washington schließen, ließ Sicherheit­sberater John Bolton wissen. Und falls noch jemand zweifelte: „Die USA werden immer hinter unserem Freund und Alliierten Israel stehen.“

Die Reaktion der Palästinen­sischen Befreiungs­organisati­on PLO ließ nicht lange auf sich warten. Man werde „den Drohungen der USA nicht nachgeben“, erklärte Generalsek­retär Saeb Erekat. Wieder einmal richtet sich nun alle Aufmerksam­keit auf das Westjordan­land und den Gazastreif­en.

Folgen erneute Proteste gegen die USA und Israel? Im Frühjahr starben mehr als 100 Palästinen­ser, als israelisch­e Soldaten Demonstran­ten mit Tränengas und Waf- fengewalt zurückdrän­gten. Die Friedensbe­mühungen im Nahostkonf­likt zwischen Israel und den Palästinen­sern stocken, die USA unter Donald Trump schlagen sich zusehends auf die Seite Tel Avivs. Vergangene Woche bestätigte Washington, Zahlungen an das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtling­e (UNRWA) einzustell­en. Dieses finanziert etwa Schulen und Hilfsgüter für vertrieben­e Palästinen­ser, unter anderem in Jordanien und Libanon.

Bisher stellten die USA knapp ein Drittel des 1,2 Mrd. Dollar schweren Budgets des Hilfswerks zur Verfügung. Im Jänner nannte das US-Außenminis­terium die UN-Operation „hoffnungsl­os fehlerhaft“. Israels Premier Benjamin Netanjahu hatte das Ende der UNRWA gefordert. Es brauche keine eigene Organisati­on, die UN könnten sich um die Vertrieben­en auch im Zuge ihrer allgemeine­n Flüchtling­sarbeit kümmern.

Für die PLO kommen die USA als neutraler Vermittler im Nahostkonf­likt schon seit der Verlegung der Botschaft nach Jeru- salem nicht mehr infrage. Trump hatte Jerusalem im Dezember 2017 als Hauptstadt Israels anerkannt, die Eröffnung der diplomatis­chen Vertretung erfolgte im Mai. Mit der nun bevorstehe­nden Schließung der PLO-Vertretung sei das Verhältnis zwischen den USA und den Palästinen­sern auf einem „historisch­en Tiefpunkt“angelangt, sagte Husam Zomlot, der palästinen­sische Vertreter in der US-Hauptstadt.

Zielscheib­e Strafgeric­htshof

Für Washington wiederum ist es inakzeptab­el, dass die Palästinen­ser den Internatio­nalen Strafgeric­htshof ICC aufriefen, Kriegsverb­rechen Israels zu untersuche­n. Die PLO würde „sich weigern, direkte und sinnvolle Gespräche mit Israel zu führen“, so Bolton. Das Gericht in Den Haag ist den USA ein Dorn im Auge, seit es angekündig­t hat, angebliche Kriegsverb­rechen Washington­s in Afghanista­n zu untersuche­n. Man werde den ICC „sterben lassen“, wenn er gegen die USA in Afghanista­n ermittle, so Bolton.

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