Italien sperrt sonntags wieder zu
Ladenöffnungszeit. Die Regierung in Rom will Einkaufszentren sowie Supermärkte an Sonn- und Feiertagen wieder geschlossen halten. Der Großhandel geht auf die Barrikaden.
Am Sonntag verkündet Arbeitsminister Luigi Di Maio seinen Plan, nach dem in Italien künftig sonntags die Geschäfte geschlossen bleiben sollen, und am Montag geht der Großhandel auf die Barrikaden. Die neue Regierung in Italien will noch dieses Jahr ein Gesetz erlassen, das es Einkaufszentren und Supermärkten verbietet, sonntags und an Feiertagen zu öffnen. Die Begründung: Die italienische Familie müsse geschützt werden.
Die rechtspopulistische Regierung aus der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega will zurück in die Zeiten vor dem Jahr 2011, als der damalige Premierminister, Mario Monti, die Liberalisierung der Öffnungszeiten festlegte. Seitdem ist es in Italien Usus, seine Einkäufe auch am Sonntag zu erledigen. Im Grunde scheinen sich die beiden Regierungsparteien in der Sache einig, nun geht es nur noch um die Feinheiten und Sonderregelungen, ob nun an acht oder an zwölf Sonntagen im Jahr eine Ausnahme gelten soll.
Nicht nur Di Maio von der Fünf-SternePartei, auch die rechte Lega, die eigentlich unternehmernah ist, scheint Feuer und Flamme für das neue Gesetz. In einer Mitteilung begründet die Partei von Vize-Premier Matteo Salvini den Gesetzesvorstoß damit, sie wolle „den Familien die Freude an einem Spaziergang an der frischen Luft zurückgeben“. Auch die Kirche begrüßt das Vorhaben. „Eine Gnade Gottes“nennt es beispielsweise Giancarlo Maria Bregantini, der Erzbischof von Campobasso, der Hauptstadt der Region Molise. Er bringt aber auch ein praktisches Argument an: Durch Sonntagsausflüge in Nachbarorte könne die dortige Wirtschaft wieder belebt werden.
Damit ist die Zweischneidigkeit dieses Vorschlags auch schon auf den Punkt gebracht. Die Familien der Supermarkt- und Einzelhandelsangestellten machen ihren Sonntagsausflug, während die Angestellten an Tankstellen, Autoraststationen, Bars, Museen, Restaurants sowie Feuerwehrleute, Polizisten, Krankenpfleger und viele mehr dafür sorgen, dass dieser auch zu einem angenehmen Erlebnis wird. Selbst der Papst arbeitet sonntags. Er spricht auf dem Petersplatz in Rom das Angelus-Gebet.
Claudio Gradara, der Präsident des Großhandelsverbands Federdistribuzione, kritisiert das Gesetzesvorhaben scharf. Die Liberalisierung habe den Konsum in Italien in einer schwierigen Phase wieder angekurbelt. „Es ist unbegreiflich, warum man den shoppingfreien Sonntag einführen sollte“, so Gradara. Der Sonntag sei nach dem Samstag der zweitstärkste Tag. Laut der Zeitung „La Repubblica“gehen 19 Millionen Italiener sonntags einkaufen. Auch der Chef der Supermarktkette Conad befürchtet negative Auswirkungen. 40.000 bis 50.000 Arbeitsplätze gerieten in Gefahr, sagt Francesco Pugliese. Außerdem würde der Onlinehandel, der den Geschäften ohnehin bereits massive Probleme bereitet, von einer Schließung an Sonntagen profitieren.
Grünes Licht kommt von einigen Gewerkschaften. Sie begrüßen die geplante Rückkehr zu alten Verhältnissen. Die Liberalisierung der Öffnungszeiten habe dazu geführt, dass etliche kleine Läden schließen mussten, weil sie der Konkurrenz der großen Supermärkte, die sich das Personal für den Sonntag leisten können, nicht gewachsen waren.
Für Matteo Renzi vom oppositionellen Partito Democratico ist das angekündigte Verbot schlicht nicht zeitgemäß. „Di Maio behauptet, dass Sonntagsarbeit die Familie zerstöre. Er lebt auf dem Mars“, kritisiert der Senator.