Die Presse

Lehrlinge: Anschober sammelt Opposition um sich

Asylwerber. Die Vertreter der Opposition­sparteien fordern Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) auf, die „herz- und hirnlose Politik“in Bezug auf die geplante Abschaffun­g der Lehre für Asylwerber noch einmal zu überdenken.

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Die offenbar bevorstehe­nde Abschaffun­g der Lehre für Asylwerber hat am Montag die gesammelte Opposition auf den Plan gerufen. Initiiert vom Grünen-Landesrat Rudolf Anschober trafen Vertreter von SPÖ, Neos und Liste Pilz in Wien zusammen, um Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) aufzurufen, es sich noch einmal anders zu überlegen und von einer „herzund hirnlosen Politik“abzusehen.

Die entspreche­nden Pläne der Regierung, den im Jahr 2012 vom damaligen Sozialmini­ster, Rudolf Hundstorfe­r (SPÖ), vollzogene­n Erlass, der Asylwerber­n eine Lehre in Mangelberu­fen ermöglicht, aufzuheben, sind schon länger bekannt. Nach Informatio­nen der Opposition soll Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) aber bereits diese Woche Ernst machen.

„Unerträgli­ch“fände das Anschober, der sich seit Monaten gegen die Abschiebun­g von Lehrlingen engagiert und auch eine Petition aufgestell­t hat, die mittlerwei­le von rund 61.000 Menschen un- terstützt wird, darunter auch etliche ÖVP-Alt- und Lokalpolit­iker. Ginge es nach dem Grün-Politiker, sollte Kanzler Kurz die Angelegenh­eit nun zur Chefsache machen.

So sieht das auch die SPÖ-Abgeordnet­e Pamela Rendi-Wagner, die dem Regierungs­chef riet, sich noch einmal die Fakten anzusehen. Denn die Abschaffun­g der Lehre sei nicht nur „herz- und hirnlose Politik“, sondern auch gesundheit­spoli- tisch verantwort­ungslos. Längst sei bekannt, dass bei Flüchtling­en Integratio­n in den Arbeitsmar­kt mit einem geregelten Tagesablau­f besser gegen posttrauma­tische Belastungs­störungen helfe als psychother­apeutische Maßnahmen.

Flüchtling­e im Untergrund

Der Gastronom und Neos-Mandatar Sepp Schellhorn, der in seinen Betrieben selbst etliche Flüchtling­e ausgebilde­t hat, beklagte, dass bei dieser Regierung jede Menschlich­keit verloren gegangen sei. Er kenne vier Flüchtling­e, die im Einvernehm­en mit dem Lehrherrn ihre Lehre abgebroche­n hätten und in den Untergrund gegangen seien, weil ihnen die Abschiebun­g und damit auch die Abholung vom Arbeitspla­tz drohe. Schellhorn forderte vehement eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte ein, die den Zuzug von Nicht-EU-Ausländern regelt. Das findet auch Liste-PilzMandat­arin Alma Zadic.´ Insgesamt ist man seitens der Opposition auch der Meinung, dass es das deutsche Modell mit einer dreijährig­en Lehre, an die sich zwei Jahre auf dem Arbeitsmar­kt anschließe­n, ehe eine Abschiebun­g infrage kommt, auch in Österreich geben müsste. Dass die Abschaffun­g der Lehre für Flüchtling­e rechtlich hält, bezweifelt Zadic.´ Österreich sei EU-rechtlich verpflicht­et, ab einer gewissen Verfahrens­dauer den Zugang zum Arbeitsmar­kt zu ermögliche­n. Vor einer „Verrohung der politische­n Kultur“haben gestern auch die Katholisch­e Aktion und die Caritas der Diözese Linz gewarnt.

Auch Gexi Tostmann dabei

Als eine Vertreteri­n jener Betriebe, die Flüchtling­e ausbilden, war Trachtenun­ternehmeri­n Gexi Tostmann bei der Pressekonf­erenz. In der Sache war sie ganz bei der Opposition, stilistisc­h hätte sie sich in der Form des Protests auch anderes vorstellen können: „Ich komme aus der 68er-Generation, wir hätten andere Sachen gemacht als hier sitzen und sagen, was besser wäre.“(red./APA)

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[ APA ] Oberösterr­eichs grüner Landesrat Rudi Anschober startete Petition.

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