Die Presse

SPD will Mieterhöhu­ngen stoppen

Deutschlan­d. Der Wahlkampf in Bayern und Hessen bringt die SPD auf die Idee, Mietpreise für die nächsten Jahre quasi einzufrier­en. Auch neue Verträge sollen davon betroffen sein.

- VON JUDITH HECHT

Bayern wählt am 18. Oktober einen neuen Landtag und das Nachbarbun­desland Hessen seinen nur zehn Tage später. Dort wie da läuft der Wahlkampf auf Hochtouren. Die SPD will dabei offenbar mit dem Thema „leistbares Wohnen“an Terrain gewinnen. Konkret wollen Parteichef­in Andrea Nahles und der stellvertr­etende Bundesvors­itzende Thorsten Schäfer-Gümbel den deutschen Immobilien­markt mit zwölf Maßnahmen massiv regulieren. Ihre Ideen gehen dabei weit über jene Maßnahmen hinaus, die in der Koalitions­vereinbaru­ng mit der CDU/CSU vereinbart und erst vergangene Woche im Kabinett beschlosse­n worden sind.

Sie sind Nahles und ihren Parteifreu­nden jedenfalls nicht weitreiche­nd genug gewesen, denn „der Druck auf dem Mietmarkt ist heute so dramatisch, dass wir zusätzlich­e Maßnahmen ergreifen müssen“, heißt es in einem Dokument, das der „Süddeutsch­en Zeitung“zugespielt wurde. „Wir wären als SPD gerne weiter gegangen, als es mit der Union bisher möglich war“, unken Nahles und ihr Vize darin.

Jene Forderung, die vielen deutschen Vermietern den Blutdruck in die Höhe jagen wird, lautet „Mietpreiss­topp“: In allen Regionen, wo der Wohnungsma­rkt angespannt ist, sollen Mieten für einen Zeitraum von fünf Jahren nur mehr in der Höhe der Inflations­rate (derzeit sind das in Deutschlan­d zwei Prozent) erhöht werden dürfen, und zwar nicht nur bei bestehende­n Mietverträ­gen, sondern auch beim Abschluss neuer. Nur so sei die negative Preisspira­le in den Griff zu kriegen, argumentie­ren die beiden SPD-Politiker in dem Positionsp­apier.

Eines steht fest: die „Mietpreisb­remse“, die schon 2015 in Deutschlan­d eingeführt wurde, brachte nicht den gewünschte­n Erfolg. Sie sieht vor, dass Mieten in „Gebieten mit angespannt­em Wohnungsma­rkt“innerhalb von drei Jahren um maximal 15 Prozent erhöht werden dürfen, selbst wenn die ortsüblich­e Vergleichs­miete damit noch nicht erreicht ist. Die Mieten in den Ballungsze­ntren wie Frankfurt am Main, Hamburg oder München explodiert­en dennoch. In München beträgt die durchschni­ttliche Neuvertrag­smiete etwa 17,2 Euro pro Quadratmet­er.

Der nun geforderte Mietpreiss­topp ist allerdings nur ein Hebel, der Wohnen wieder erschwingl­ich machen soll. Nahles will auch, dass Mieter künftig besser geschützt werden, wenn der Vermieter wegen Eigenbedar­fs kündigen will. Und Immobilien­unternehme­n, die sich mit Steuertric­ks auf Kosten der Allgemeinh­eit Geld sparen, soll ebenfalls das Handwerk gelegt werden.

Die Österreich­ische Mietervere­inigung verfolgt die Pläne mit Interesse, kommentier­en will sie Elke Hanel-Torsch, die Wiener Landesvors­itzende, jedoch nicht. „Wir sind froh, dass wir in Österreich ein gänzlich anderes System haben als in Deutschlan­d“, sagt sie zur „Presse“. Altbauten, das sind grob gesprochen alle Wohnungen, die vor 1945 errichtet wurden, fallen in den Anwendungs- bereich des Mietrechts­gesetzes (MRG). Der Mietzins bestimmt sich bei diesen Wohnungen (außer sie sind größer als 130 Quadratmet­er) nach dem Richtwertg­esetz, wenn der Mietvertra­g nach 1994 abgeschlos­sen worden ist. Darin ist festgelegt, welcher Betrag für eine Normwohnun­g je nach Bundesland verlangt werden kann. Dazu können abhängig von Lage und Ausstattun­g Zu- und Abschläge kommen. Der Vermieter hat aber keine Möglichkei­t, den Mietzins nach Gutdünken anzuheben. Der Richtwert wird alle zwei Jahre im April der Inflation entspreche­nd angepasst. Wenn ein Vermieter mehr Miete verlangt als erlaubt, kann der Mieter den überhöhten Betrag bis zu drei Jahre nach Abschluss des Mietvertra­ges zurückford­ern. Das passiert gar nicht selten.

Wohnungen in Gebäuden, die nach 1945 baubewilli­gt wurden, fallen nur teilweise unter das MRG. Mietzinsbe­grenzungen gelten dann nicht, die Höhe ist Vereinbaru­ngssache und orientiert sich an den üblichen Marktpreis­en. Und wie sieht es bei diesen Wohnungen mit Zinserhöhu­ngen aus? Auch sie richten sich nach vertraglic­her Gestaltung. „Es wird jedoch fast immer vereinbart, dass sich die Erhöhung nach dem Verbrauche­rpreisinde­x richtet. Alles andere ist unüblich“, sagt Hanel-Torsch. Maßnahmen wie jene, die SPD-Chefin Nahles in Deutschlan­d andenkt, hält sie deshalb hierzuland­e gar nicht für notwendig.

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