Wer geht mit Kern nach Brüssel?
Rollentausch. Ob Kerns Plan aufgeht, die SPÖ als „die“Europa-Partei zu etablieren, hängt vor allem von seinem Team ab. SPÖ-Delegationsleiterin Evelyn Regner wird im ÖGB sogar als Kandidatin für die Kern-Nachfolge in Wien gehandelt.
Ein Mann ist noch kein Team. Das wird Christian Kern in Brüssel aber brauchen, wenn sein Plan aufgehen soll. Der NochSPÖ-Parteichef hat angekündigt, die SPÖ als „die“Pro-EU-Partei etablieren und der EU zu einem positiven Imagewandel in Österreich verhelfen zu wollen.
Ein hartes Stück Arbeit: Denn die EU ist kompliziert und weit weg – somit in der täglichen politischen Diskussion wenig verankert. Und wenn, dann als Sündenbock. Das Interesse an der Arbeit der EU-Politiker ist ebenso gering. Das zeigen Umfragen der Gesellschaft für Europapolitik.
Es wird also vor allem an den einzelnen Abgeordneten hängen, ob sie es schaffen, sich eine Bühne zu erkämpfen, aufzufallen. So wie es aussieht, wird sich mit Kern auch fast das gesamte SPÖ-Team in Brüssel ändern.
Der Kärntner Ex-ORF-Moderator Eugen Freund wird sich mit 67 Jahren in die Pension verabschieden. Ebenso der Oberösterreicher Joe Weidenholzer (68). Die aus Niederösterreich stammende Karin Kadenbach soll vor einer Ablöse stehen, ebenso wie die Tiroler Abgeordnete Karoline GraswanderHainz. Sie folgte auf Jörg Leichtfried, als dieser 2015 nach Österreich zurückbeordert wurde. Beide Frauen haben nicht besonders viel Rückhalt in ihren Landesparteien.
Bleibt noch Delegationsleiterin Evelyn Regner. Sie hatte sich große Hoffnungen gemacht, als Spitzenkandidatin ins Rennen im kommenden Jahr geschickt zu werden – aber Kern hatte andere Pläne. Nämlich, sich selbst zu installieren.
Regner gilt aber als Listenzweite gesetzt, sofern sie das möchte. Denn die Pläne der Gewerkschaftskandidatin könnten sich ändern. Innerhalb des mächtigen Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB) reift sie gerade zu einer möglichen Wunschkandidatin für die Kern-Nachfolge heran. Immerhin wurde ihr ein Spitzenjob verleidet – also wünscht man sich in der Gewerkschaft für sie einen anderen. Ihr Bonus: Sie hat Führungserfahrung, kennt die Partei, ist eine moderne, fachlich hochkompetente Frau. Ihr Nachteil: National hat sie kaum Bekanntheit.
Für die Europa-SPÖ wird es jedenfalls zu großen Veränderungen kommen – was auch eine Chance sein kann, neuen Talenten eine Bühne zu bieten. Was sich schon abzeichnet: Die Listenerstellung wird ein schwieriges Austarieren zwischen den Begehrlichkeiten Kerns, jenen der Länder und jenen der anderen Fraktionen. Einige Wunschkandidaten kristallisieren sich aber schon he- raus. Als Fixstarterin auf Platz vier gilt Julia Herr. Die 25-jährige Chefin der Sozialistischen Jugend (SJ) gilt als Nachwuchstalent – schon seit Längerem wird für sie nach einer passenden Chance gesucht, sich zu profilieren. Als ein weiteres politisches Nachwuchstalent wird Rapid-Geschäftsführer Christoph Peschek genannt. Er war Lehrlingssprecher im Wiener Gemeinderat und ist von diesem
Derzeit hält die SPÖ fünf Mandate, man rechnet mit sechs. Kern hat schon angekündigt, als Spitzenkandidat der SPÖ ins Rennen gehen zu wollen. Er will auch Spitzenkandidat der Sozialdemokratischen Partei Europa (SPE) werden. Die SPE wählt ihren Listenersten Anfang Dezember. Wer für die SPÖ auf EU-Ebene ins Rennen geht, wird am Parteitag im November beschlossen. Es wird praktisch das ganze Team getauscht – und wohl verjüngt. zu Rapid wohl auch deswegen gewechselt, weil seine politische Karriere nicht so schnell vorangeschritten war, wie er sich das gewünscht hatte.
Die Gewerkschaft wird sich ihren Kandidaten wahrscheinlich aussuchen können – und es ist davon auszugehen, dass Kärnten und Oberösterreich einen Vertreter aus ihren Reihen in Brüssel sehen wollen. Immerhin scheiden mit Freund und Weidenholzer auch zwei Ländervertreter aus. Ursprünglich hatten sich auch Jörg Leichtfried und SPÖKlubobmann Andreas Schieder für einen EU-Job interessiert – für die Spitzenkandidatur. Da Kern das nun selbst in die Hand nimmt, ist nicht davon auszugehen, dass sie mit ihm nach Brüssel wechseln wollen.
Die neuen EU-Kandidaten sollen jedenfalls am Parteitag im November gemeinsam mit dem neuen Parteichef gewählt werden. Vielleicht tauschen dann wirklich Regner und Kern die Plätze.