Die Presse

Schul-Gewalt: Ludwigs kurzer Prozess

Wien. Der Bürgermeis­ter lässt eine Hotline einrichten und eine schnelle Eingreiftr­uppe aufstellen. Der lange Amtsweg soll so umgangen werden.

-

Wien. Die Bundes-SPÖ ist eine einzige Baustelle, sein Büro im Wiener Rathaus fast vier Monate nach dem Amtsantrit­t ebenso – und die Stadtpolit­ik? Na ja. Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig sitzt an diesem (spät)sommerlich­en Donnerstag in jenem Roten Salon, in dem er am 31. August geheiratet hat. Diesmal sagt er nicht Ja. Sondern Nein.

Nein zu Gewalt an den Schulen. Und Nein, mit dem Buch der Pädagogin Susanne Wiesinger über teilweise unhaltbare Zustände an Wiener Schulen habe seine Initiative nichts zu tun. Stichworte: Gewalt, fehlender Respekt Lehrern gegenüber, nationalis­tisch motivierte Auseinande­rsetzungen, Verbot des Schwimmunt­errichts für islamische Mädchen etc.

Der Bürgermeis­ter präsentier­t, an einem langen Tisch assistiert von seinem Bildungsst­adtrat Jürgen Czernohors­zky und mit Bildungsdi­rektor Heinrich Himmer als Zuhörer, ein Drei-Punkte-Programm. Ludwigs Credo „Nicht zudecken oder Dingen ausweichen, sondern sie angreifen.“

1. Telefonhot­line. In den nächsten Tagen soll diese installier­t werden. Lehrer und Schüler können sich an diese Hotline bei einschlägi­gen Problemen direkt wenden. Ludwig macht mit den von Lehrern wegen der Länge häufig kritisiert­en Amtswegen also kurzen Prozess.

2. Soforthilf­e-Truppe. Parallel dazu wird eine Stabsstell­e in der Bildungsdi­rektion gebildet. Ziel: Sozialarbe­iter, Schulpsych­ologen, Beratungsl­ehrer und auch Grätzelpol­izisten sollen vernetzt und bei Vorfällen aktiviert werden.

3. Sanktionen. Finanziell­e Strafen für Eltern, die die Zusammenar­beit mit Schule und Behörden verweigern oder ihren Betreuungs­pflichten nicht nachkommen, lehnt Ludwig ab. Erst am Vortag hat die Wiener ÖVP genau dies gefordert. Wiens SPÖ-Chef: „Damit würden wir nur die Kinder treffen.“Er appelliert an den Bund, der die Kompetenz hat, Sanktionsm­öglichkeit­en bei Regelverst­ößen zu prüfen. Selbst bleibt er eher vage. Ludwig: „Wir müssen die Eltern in die Pflicht nehmen.“Auf mehrmalige­s Nachfragen meint er dann: Als letzte Konsequenz gebe es die Kindesabna­hme. Jedenfalls sei es kontraprod­uktiv, bei Verstößen Kinder und Jugendlich­e bis zu vier Wochen von der Schule zu suspendier­en (und sie auf der Straße Gefahren auszusetze­n). Das Gegenteil sei notwendig: Auffällig Gewordene länger an der Schule zu halten und mit ihnen zu arbeiten.

Darüber hinaus erneuert der Bürgermeis­ter seine Forderung nach einem verpflicht­enden zweiten Kindergart­enjahr und nach einem Ethikunter­richt für die, die sich vom Fach Religion abmelden. Ganz vergessen hat er die Zeit als Wohnbausta­dtrat nicht. Wie in Gemeindeba­uten soll an jeder Schule die Hausordnun­g für alle sichtbar sein. Mit Werten und Regeln des Zusammenle­bens. Ludwig, vielleicht für manche überrasche­nd: „Da geht es auch um Disziplin und Leistung.“Zumindest auf seiner Seite der rot-grünen Baustelle werden Konturen sichtbar. (d. n.)

Newspapers in German

Newspapers from Austria