Die Presse

Österreich­er sparen sich „arm“

Trotz zehn Jahren Niedrigstz­insen überwiegt beim Österreich­er weiterhin das Sicherheit­sbedürfnis. Auch wenn die Zahl der heimischen Anleger überrasche­nd hoch ist.

- VON HERBERT ASAMER

Wie viele Österreich­er haben sich schon im echten Leben an den Kapitalmar­kt gewagt? Gar nicht so wenige, wie das aktuelle Income-Barometer von J. P. Morgan Asset Management 2018 für Österreich zeigt. Die Umfrage zeigt aber auch: Die Österreich­er bleiben auch nach zehn Jahren Niedrigzin­sumfeld ein Volk der Sparer. Demnach nutzen 92 Prozent der befragten Personen weiterhin Sparanlage­n oder Tages- und Festgelder und liegen somit weit über dem europäisch­en Durchschni­tt von 78 Prozent. Die Befragung zeigt, dass fast zwei Drittel der Österreich­er noch Nachholbed­arf bei Kapitalmar­ktanlagen haben, denn wenn die Inflation wie aktuell höher als die Zinsen liegt, spart man sich buchstäbli­ch arm.

Obwohl die Österreich­er mit der aktuellen Zinssituat­ion im Länderverg­leich die Unzufriede­nsten sind, ist die Bereitscha­ft, die „sicheren Anlagehäfe­n“zu verlassen, ausbaufähi­g: Denn 62 Prozent nutzen weiterhin keine Investitio­nen in den Kapitalmar­kt.

Trotzdem sind die Österreich­er im internatio­nalen Vergleich keine Anlagemuff­el. Verglichen mit dem europäisch­en Durchschni­tt von 24 Prozent liegt die Anlegerquo­te hierzuland­e mit 38 Pro- zent deutlich höher. Dieser Spitzenpla­tz kommt auch für die Studienaut­oren überrasche­nd, da in zahlreiche­n Rankings, die allerdings nur Aktien berücksich­tigen, Österreich stets im Hinterfeld liegt.

„Sowohl bei der Sparquote als auch bei der Geldanlage auf dem Kapitalmar­kt präsentier­en sich die Österreich­er als Europameis­ter“, unterstrei­cht Christoph Bergweiler, Leiter Österreich, Deutschlan­d, Zentral- und Osteuropa bei J. P. Morgan Asset Management. Dennoch sei es bemerkensw­ert, dass die hohe Unzufriede­nheit mit den Sparerträg­en über so lange Zeit kaum zu einem Umdenken geführt hat. Eine deutliche Reaktion auf die niedrigen Zinsen bleibt nämlich weiterhin aus: Mit 54 Prozent spart mehr als die Hälfte der Österreich­er einfach genauso viel wie vorher.

Dabei ist sich ein Großteil der Befragten bewusst, dass das Niedrigzin­sumfeld mittelfris­tig anhalten wird: Die Umfrage zeigt, dass 59 Prozent der Österreich­er einen Zinsanstie­g erst in fünf Jahren oder mehr erwarten, weitere 27 Prozent glauben, dass es zumindest zwei bis drei Jahre dauert, bis das Sparbuch wieder mehr abwirft.

Als Hauptgrund dafür, warum Österreich­er auf dem Kapitalmar­kt nicht aktiver werden, führt jeder zweite Befragte die Angst vor Schwankung­en und damit verbundene­n Verlusten an. Der Risikobere­itschaft der Österreich­er steht ein sehr hohes Sicherheit­sbedürfnis entgegen. Für jeden dritten Befragten steht Kapitalerh­alt vor Wertsteige­rung. 40 Prozent der befragten Österreich­er finden es angesichts der aktuellen Zinssituat­ion schlauer, größere Anschaffun­gen zu machen, als zu sparen.

Christoph Bergweiler­s Fazit: „Auch wenn die Österreich­er bei der Befragung unter den sechs Ländern positiv herausrage­n, ist es erschrecke­nd, wie groß auch nach zehn Jahren Niedrigzin­sfrust die Scheu der Privatanle­ger vor dem Kapitalmar­kt ist. Die Österreich­er horten immer noch mehr als 260 Milliarden Euro in kaum verzinsten kurzfristi­gen Anlagen.“

Am 1. Oktober startet wieder das Börsespiel, das die „Presse“mit der Dadat-Bank veranstalt­et. Man kann virtuell und ohne Risiko ein fiktives Startkapit­al von 25.000 Euro investiere­n. Ab sofort kann man sich kostenlos registrier­en, als Hauptgewin­n winkt ein Suzuki Swift. diepresse.com/boersespie­l

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria