Das Puzzle der Terrorbekämpfung
Bei der Terrorabwehr soll die Kernfrage nicht mehr „Was kann kommen?“lauten, sondern: „Was kann uns schaden?“
Anlässlich einer Konferenz zur Terrorismusbekämpfung in Herzliya (Israel) wurde vor Kurzem die aktuelle Lage der globalen terroristischen Bedrohung unter die Lupe genommen. Der Befund der Experten ist für Europa mehr als ernüchternd: Nach einer Periode des gefühlten Rückgangs jihadistischer Gewalt dürfte sich die Gefährdungslage in der EU wieder verschärfen.
Grund ist ein Kampf um islamistische Deutungshoheit zwischen al-Qaida und dem Islamischen Staat, der sich verstärkt auf terroristische Aktivitäten in Europa konzentriert. Der EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung, Gilles de Kerchove, sprach von rund 20.000 (!) Personen allein in Großbritannien, Frankreich und Deutschland, von denen eine konkrete Bedrohung ausgehe. Er forderte eine stärkere gesamteuropäische Kooperation über den bestehenden Austausch relevanter personenbezogener Daten hinaus.
Selbst diese internationale Vernetzung funktioniert nicht immer friktionslos. Immer wieder wird deshalb ein übergreifender EU–Nachrichtendienst mit Kompetenzen in der Terrorismusbekämpfung gefordert. Das explosive jihadistische Gemisch aus Gefährdern und Kriegsheimkehrern macht eine gezielte multidimensionale Bekämpfung schwierig, da oft Ressourcen fehlen. Gefahr geht dabei gleichzeitig von grenzüberschreitenden Netzwerken wie von radikalisierten Einzeltätern aus.
Der politische Islam ist für die Jihadisten der dritten Generation mittlerweile bloß das Etikett und nicht mehr die Marke. Bestärkt wird dies durch den sogenannten Crime-Terror Nexus (Peter Neumann). Demnach war beim Großteil der jihadistischen Attentäter in den vergangenen fünf Jahren eine kleinkriminelle Vorgeschichte in Kombination mit „unislamischer“Lebensweise zu registrieren.
Die Kernaufgabe der Terrorismusbekämpfung besteht laut dem israelischen Terrorismusforscher Boaz Ganor darin, die Kunst zu be- herrschen, scheinbar zusammenhanglose Mosaiksteine von Hinweisen puzzleartig zu einem sinnvollen Ganzen zu verbinden. Eine effiziente Terrorismusbekämpfung muss gleichzeitig die Motivation wie die Fähigkeiten der Terroristen in den Blick nehmen, die im Fall eines Anschlags ineinandergreifen und fatal zusammenwirken. Gelingt es, einen der beiden Faktoren zu neutralisieren, verhindert man relativ sicher eine Terrorattacke.