Das Rassismusproblem der westlichen Welt
US-Präsident Trump hat mit einigen seiner Aussagen dazu beigetragen, Rassismus in den politischen Mainstream zu rücken.
Hierfür ist essenziell, in der Szenarienanalyse zu einer Methode überzugehen, die nicht die Bedrohung, sondern speziell die systemischen Verwundbarkeiten des angegriffenen Staats in den Vordergrund rückt. Das bedeutet, dass man sich nicht mehr primär antizipativ darauf konzentrieren sollte, was wann, wo und wie passieren könnte, sondern zuerst die eigenen Systeme auf ihre Anfälligkeit und Widerstandsfähigkeit hin zu überprüfen. Nicht mehr „Was kann kommen?“, sondern „Was kann uns schaden?“lautet die Devise.
Der transnationale Terrorismus ist vielschichtig und hybrid geworden. Ein brisanter Trend ist der geplante Einsatz von internetbasierten Technologien zu terroristischen Zwecken. So wurden Szenarien, die auf dem Hacken kritischer Infrastrukturen (Kraftwerke, Flughäfen und dergleichen) oder dem Einsatz von Drohnen als Waffen beruhen, breit diskutiert. Auch das sogenannte Internet of Things (Verkehrsleitsysteme, Gebäudetechnik etc.) offenbart Sicherheitslücken, die von Terroristen ausgenutzt werden könnten.
Für Österreich bedeutet dies angesichts einer durch die Vertrauenskrise bedingten operativen Schwächung des zuständigen BVT (eingeschränkter Informationsaustausch mit internationalen Partnerdiensten), dass man besonders wachsam sein und rigoros auf jedwedes Anzeichen reagieren muss.
Der Anblick eines deutschen Mobs, der in den Straßen Jagd auf Ausländer macht und die Arme zum Hitlergruß erhebt, ist aus offensichtlichen Gründen überaus verstörend. Genau das war kürzlich in Chemnitz zu sehen, einer trostlosen Industriestadt in Sachsen, die in der ehemaligen DDR als sozialistische Modellstadt gepriesen wurde ( und die zwischen 1953 und 1990 Karl-MarxStadt hieß). Die Polizei schien machtlos, den Ausschreitungen ein Ende zu setzen, die durch den Tod eines Deutschkubaners im Zuge einer Messerstecherei mit zwei Männern aus dem Nahen Osten ausgelöst worden waren.
Bei diesen Entwicklungen handelt es sich jedoch nicht um ein spezifisch deutsches Problem. Später versammelten sich in Chemnitz Zehntausende Deutsche zu einem Rockkonzert, um gegen die Gewalt gegen Einwanderer zu protestieren. Und der Mob in Chemnitz hatte viel mit Neonazis, Ku-Klux-Klan-Anhängern und anderen Extremisten gemeinsam, die vor einem Jahr in Charlottesville, im US-Bundesstaat Virginia, für Chaos sorgten.
Beide Städte sind geschichtlich belastet: Diktatur der Nazis und der Kommunisten in Chemnitz, Sklaverei in Charlottesville. Und obwohl es für den gewalttätigen Extremismus in beiden Städten vielfältige Gründe gab, gehört Rassismus mit Sicherheit dazu.
Viele weiße Amerikaner, vor allem im ländlichen Süden, haben ein schweres Leben – schlechte Schulen, prekäre Jobs, relative Armut. Doch ihr Gefühl der Überlegenheit gegenüber Schwarzen war der eine Anker, an den sie sich klammern konnten.
Aus diesem Grund war auch die Präsidentschaft Barack Obamas ein Schlag für ihr Selbstwertgefühl. Sie sahen ihren gesellschaftlichen Status schwinden. Donald Trump nutzte ihre Angst und ihren Groll aus.
Viele Ostdeutsche, vom Autoritarismus entwöhnt und entweder nicht in der Lage oder nicht willens, von den Bildungs- und Berufschancen in einem vereinten Deutschland zu profitieren, wenden sich rechtsextremen Demagogen zu, die die Schuld an all ihren Problemen Einwanderern und Flüchtlingen, insbesondere jenen aus muslimischen Ländern, in die Schuhe schieben.
Verschärft werden die Abstiegsängste, von denen Menschen in der westlichen Welt erfasst werden, wahrscheinlich durch die Ausweitung der Macht Chinas und das Gefühl, Europa und die USA büßten ihre globale Vorherrschaft ein. Das meinte Trump vermutlich auch, als er 2017 erklärte: „Die grundlegende Frage unserer Zeit lautet, ob der Westen den Willen hat, zu überleben.“
Diese Frage wirft eine weitere auf: Was Trump nämlich mit „Westen“meinte, und ob die