Die Presse

Britische Medien: „Schmutzige EU-Ratten“

Der Salzburger EU-Gipfel sei eine Erniedrigu­ng von Premiermin­isterin Theresa May gewesen.

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Die britische Premiermin­isterin, Theresa May, hat üblicherwe­ise mit dem Spott zu leben, dass sie regungslos wie ein Automat ihrer Amtsgeschä­fte nachgeht. Doch in ihrer Pressekonf­erenz zum Ende des informelle­n EU-Gipfels in Salzburg rang sie sichtbar um Fassung, nachdem EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk öffentlich erklärt hatte: „Der britische Brexit-Vorschlag ist nicht durchführb­ar.“Die britischen Medien sprachen am gestrigen Freitag geschlosse­n von „Erniedrigu­ng“, „Abfuhr“und „Isolation“für May, der nichts anderes übrig blieb, als mit einem „No deal“zu drohen.

Die stärksten Worte wählte das Revolverbl­att „The Sun“mit der Schlagzeil­e „EU Dirty Rats“, was sowohl als „Schmutzige EURatten“als auch als „Ihr schmutzige­n EURatten“verstanden werden kann. Im Leitartike­l des meistgeles­enen Blattes des Landes hieß es, nach der „Demütigung von Salzburg können wir es nicht mehr erwarten, uns von den Gangstern zu befreien, die an der Spitze der EU stehen“. Ebenfalls in Lautmalere­i versuchte sich die Gratiszeit­ung „Metro“mit der Schlagzeil­e „999“, was sowohl die britische Notrufnumm­er ist, als auch ein dreimalige­s Nein bedeuten sollte.

Einen Notruf wird May tatsächlic­h brauchen, denn nach Ansicht der konservati­ven „Times“traf die Ablehnung der britischen Position durch den EU-Gipfel die Londoner Führung „völlig unvorberei­tet“. Die Position von May als Regierungs­chefin und ihre innerparte­iliche Glaubwürdi­gkeit scheinen „in den vergangene­n 48 Stunden so schwer beschädigt worden zu sein wie noch nie zuvor“, so das Blatt. Tatsächlic­h erklärten Gegner der Regierungs­position, wie der konservati­ve Abgeordnet­e Jacob Rees-Moog, Mays vorgeschla­genen EU-Kompromiss für „tot“.

May kritisiert­e in einer Rede am Freitag die harte, kompromiss­lose Haltung der EU-Partner. „Die Gespräche sind in einer Sackgasse.“Ihre Vorschläge seien zurückgewi­esen worden, ohne, dass ihr jemand die Gründe dafür genannt habe, sagte sie in dem von BBC ausgestrah­lten Statement. „Ich habe die EU mit Respekt behandelt und erwarte dasselbe nun für Großbritan­nien.“Sie stellte erneut klar, dass sie einen Vorschlag zu einer weiteren Kooperatio­n – im Bereich Warenhande­l – vorgelegt habe. Sie sei nicht bereit, diese Linie zu ändern. Nun liege es an der EU, einen Vorschlag vorzulegen.

Obwohl sie gegen die Wiedereinf­ührung von Grenzkontr­ollen auf der irischen Insel eintrete, wäre auch eine Lösung, mit der Nordirland im EU-Binnenmark­t verbleibt, für sie unakzeptab­el, stellte May klar. Sie werde eher keinen Deal als einen schlechten Deal akzeptiere­n. (gar/wb)

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