Türkei verhängt U-Haft gegen Zirngast
Diplomatie. Österreichischer Student muss mit bis zu zehn Jahren Haft rechnen. Ihm wird die Mitgliedschaft in einer staatsfeindlichen Vereinigung vorgeworfen.
Der Österreicher Max Zirngast ist in der Türkei wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer staatsfeindlichen Vereinigung in Untersuchungshaft genommen worden. Zirngast sei am Donnerstagabend mit Haftbefehl in die Strafanstalt Sincan in der Hauptstadt Ankara eingeliefert worden, sagte Zirngasts Anwalt der „Presse“. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. Wann der Prozess gegen ihn beginnen soll, ist ungewiss.
Das Außenministerium in Wien bestätigte die Information. In Wien hieß es, man rechne damit, dass ein Haftbesuch in den nächsten Tagen möglich sein werde. Zunächst hatten österreichische Diplomaten keinen Zugang zu dem 29-Jährigen, der an der Technischen Universität des Nahen Ostens in Ankara studiert hat und perfekt Türkisch spricht. Bisher hatte das Außenamt die Verhaftung als Konsularfall behandelt.
Zirngast und drei türkische Staatsbürger waren am Dienstag vergangener Woche in der türkischen Hauptstadt von der Antiterrorpolizei festgenommen worden. Ihnen werden Verbindungen zu der verbotenen linksextremen Gruppe TKP/Kivilcim vorgeworfen. Zirngast hatte Beiträge für die Publikation einer legalen Organisation verfasst, die mit der TKP/Kivilcim in Kontakt stehen soll.
Das zuständige Gericht in Ankara erließ gegen Zirngast und zwei türkische Mitbeschuldigte Haftbefehl; der dritte Verdächtige wurde inzwischen auf freien Fuß gesetzt. Zirngasts Anwalt, Murat Yilmaz, sagte, der Österreicher habe vor Gericht die Vorwürfe zurückgewiesen. „Ich verteidige universelle Werte“, sagte Zirngast demnach. Der Österreicher habe sich selbst als Sozialist bezeichnet.
Yilmaz betonte, die Staatsanwaltschaft habe nach seiner Ansicht nichts gegen Zirngast in der Hand. Es gebe keine stichhaltigen Beweise für eine Verbindung zwischen seinem Mandanten und der verbotenen TKP/Kivilcim. Die Gruppe, ein Ableger der Kommunisten, gilt in Ankara als Terrororganisation. Sie hatte sich mit dem Kampf der Kurdenmiliz YPG, einem Arm der illegalen Kurdenpartei PKK im Norden Syriens, solidarisiert. Max Zirngast war im Wahlkampf überdies für die Kurdenpartei HDP aktiv gewesen.
Außenministerin Karin Kneissl hat dem Österreicher jegliche Unterstützung zugesagt: „Wir werden ihn nicht alleinlassen und darauf drängen, dass ihm alle rechtsstaatlichen Mittel zur Verfügung stehen.“Unmittelbar nach Zirngasts Verhaftung war Kneissl nicht von einer Belastung in den bilateralen Beziehungen ausgegangen. Sie sah zunächst auch keine Notwendigkeit, mit Außenminister Mevlüt C¸avus¸og˘lu in Kontakt zu treten. Das könnte sich indessen nun ändern. Kneissl hat einen guten Draht zu ihrem Kollegen in Ankara, den sie zuletzt privat in ihr Haus in Seibersdorf eingeladen hat.