Der selbstbewusste Tritt in die Pedale
Radsport. Patrick Konrad geht als Kapitän in die Heim-WM in Tirol. Trubel und Druck nimmt der 26-Jährige gelassen und freut sich auf das Straßenrennen. „Ich habe bewiesen, was ich kann.“
2006 stand Patrick Konrad bei der Rad-WM in Salzburg mit einem Freund an der Strecke und jubelte den Weltbesten des Sports zu. Zwölf Jahre später findet er sich selbst im erlauchten Kreis derer, die bei den Titelkämpfen in Innsbruck um Medaillen fahren. „Eine Heim-WM ist eine riesengroße Geschichte, das ist sicher eines der wichtigsten Rennen meiner Karriere“, sagt der gebürtige Mödlinger mit Blick auf das abschließende Straßenrennen am nächsten Sonntag, das er als Kapitän des österreichischen Teams in Angriff nehmen wird.
Eine gewisse Nervosität und die mit dem Heimauftritt verbundene hohe Erwartungshaltung streitet Konrad nicht ab, lässt sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen. „Das gehört zu unserem Business dazu“, betont der 26-Jährige im Gespräch mit der „Presse“. „Ich versuche das Drumherum auszublenden und mich auf das zu konzentrieren, was ich kann – und das habe ich oft genug bewiesen.“Etwa mit Platz sieben beim diesjährigen Giro d’Italia; auch die beiden World-Tour-Rennen vor der WM beendete er in den Top Ten.
Den WM-Auftakt macht am Sonntag das Mannschaftszeitfahren (Frauen 10 Uhr, Männer 14.30 Uhr, live ORF Sport+), in dem nicht für das Land, sondern das Profi-Team gefahren wird. Im sechsköpfigen Aufgebot des deutschen Rennstalls Bora-Hansgrohe ist Rot-Weiß-Rot allerdings Trumpf, denn neben Konrad gehen mit Lukas Pöstlberger, Gregor Mühlberger und Felix Großschartner drei weitere Österreicher an den Start. „Das macht es schon besonders. Wir kennen uns aus dem Nachwuchs, unternehmen auch privat viel miteinander. Diese Harmonie kann viel ausmachen“, betont Konrad, der sich mit seinen Kollegen im Teamquartier in Imst Duelle auf der Xbox liefert. „Die Stimmung ist gut, der Schmäh rennt.“Die letzten Tage wurde noch auf der Strecke trai- niert und Konrads Optimismus genährt: „Wenn wir das aus dem Training umsetzen können, dann ist eine Medaille realistisch.“
Die Generation um den WMKapitän ist Sinnbild für den Aufschwung des österreichischen Radsports in den vergangenen Jahren. „Wir haben uns einen internationalen Stellenwert erarbeitet, das Potenzial ist da“, ist Konrad überzeugt. Er selbst zeigte 2013 als Gesamtdritter der Tour de l’Avenir, dem wichtigsten U23-Etappenrennen, auf, war sogar gleichzeitig noch auf der Bahn erfolgreich (Staatsmeister Einerverfolgung). Mit dem Wechsel zum Bora-Team 2015 nahm der Erfolgskurs auf der Straße seinen Lauf, es folgten der erste GrandTour-Start (Tour 2016), die ersten Kategoriensiege (Sprint, Abu-Dhabi-Tour 2017; Berg, Polen-Rund- fahrt 2018) und der starke Giro im Frühjahr. „Top Ten bei der HeimWM hätte sicher den gleichen Stellenwert. Grundsätzlich macht sich beides gut im Lebenslauf“, meint der 26-Jährige und lacht.
Als Kletterer darf sich Konrad im Straßenrennen Hoffnungen machen, der anspruchsvolle Kurs durch die Tiroler Berge sollte ihm entgegenkommen. Die Schlüsselstelle Höttinger Höll (bis zu 28 Prozent Steigung) hat er bereits im Training kennengelernt. „Das ist wirklich steil. Da musst du richtig in die Pedale treten, damit du raufkommst“, so sein Urteil. Die Konzentration auf solchen schwierigen Abschnitten gilt ganz dem Tritt und der Position im Feld. „An Urlaub denken geht sich nicht aus“, scherzt der 26-Jährige und fühlt sich bereit für die Herausforderung: „Ich werde dafür kämpfen, eine Rolle zu spielen.“
Auch Vater Wolfgang Konrad ist bei der WM übrigens im Einsatz. Der Ausrichter des Wien-Marathons ist mit seiner Agentur für Rennabwicklung bzw. Streckenmanagement verantwortlich.