Die Presse

Versicheru­ng nur noch mit „Fitnesstra­cker“

Lebensvers­icherer bietet keine klassische­n Polizzen mehr an.

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John Hancock hat eine große Tradition: Seit 156 Jahren bietet der amerikanis­che Versichere­r Polizzen für Lebensvers­icherungen an. Aber damit ist jetzt Schluss, zumindest in der klassische­n Form. Ab sofort zwingt das Unternehme­n, das zur kanadische­n Manulife-Gruppe gehört, jeden neuen Kunden, am Vitality-Programm teilzunehm­en. Und das heißt: Ein Fitnessarm­band oder eine Apple Watch zu tragen, also Geräte, die nicht nur Puls und Blutdruck messen, sondern auch genau registrier­en, wie viel Sport ihre Träger treiben. Wer brav seine Übungen macht und über die App gesundes Essen kauft, zahlt eine um bis zu 15 Prozent niedrigere Prämie. Zusätzlich winken Rabatte und Gutscheine bei Amazon. Die Option gibt es seit 2015 und wird von 40 Prozent der Kunden genutzt; alle anderen müssen bis nächstes Jahr auf das neue System umsteigen.

Das Vitality-Programm kam 1997 von Südafrika aus auf den Markt. In Deutschlan­d setzen es die Hannover Rück und die Generali ein. Der Anreiz scheint zu funktionie­ren: Nach den Angaben von John Hancock leben Teilnehmer an dem Programm weltweit um 13 bis 21 Jahre länger als der Rest der Versichert­en; die Kosten für ihre Spitalsauf­enthalte seien um 30 Prozent niedriger.

Dennoch ist das Prinzip wild umstritten. Es gibt Sorgen um die Datensiche­rheit, aber auch prinzipiel­le Bedenken: Die Versicheru­ngen könnten sich die profitabel­sten Kunden aussuchen und alle weniger Gesunden entweder ausschließ­en oder nur zu sehr hohen Prämien versichern. Damit würden sie sich zu stark auf individuel­le Risiken konzentrie­ren. Unter die Räder käme dabei das Versicheru­ngsprinzip selbst, bei dem einzelne Schäden über eine große Menge an Kunden ausgeglich­en werden. Die teilnehmen­den Versichere­r beteuern, dass sie einer strengen Regulierun­g unterliege­n und jede Änderung ihre Prämienber­echnung versicheru­ngsmathema­tisch rechtferti­gen müssen. (red.)

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