Die Presse

Der Schwarze Block, die türkise Bewegung und ihr weiser Kanzler

Mit der Umfärbung der Volksparte­i bewies Kurz Weitsicht.

- VON NORBERT MAYER E-Mails an: norbert.mayer@diepresse.com

D ie Farbenlehr­e, leidenscha­ftlich umstritten, seit Goethe versucht hat, Newtons wissenscha­ftliche Theorien zum Licht anschaulic­h zu widerlegen, hat diesen Freitag nach eins im Gegengift eine radikale Richtungsä­nderung ausgelöst. Ausgerechn­et die bunten Vögel in unserer ornitholog­ischen Abteilung leisteten Abbitte bei unserem Bundeskanz­ler: Es sei sehr weise von Sebastian Kurz gewesen, die Parteifarb­e der ÖVP zu wechseln – von Schwarz zu Türkis. Während die Hörndl- und Körndlbaue­rn erst höhnten, diese Zuckerlfar­be komme weder in der Landwirtsc­haft noch in der Natur vor, dann sogar einen Verlust an Seriosität befürchtet­en, zeigt sich nun Kurzens europäisch­e Weitsicht.

Wie stünden wir Österreich­er derzeit sonst da? Selbst internatio­nal wird berichtet, ein „Schwarzer Block“habe beim Gipfel in Salzburg versucht, das segensreic­he Wirken der Europäisch­en Union zu stören, indem er unter vollem Körpereins­atz und sogar mit Stahlstang­e beweisen wollte, dass die Polizei hierzuland­e zu brutaler Staatsgewa­lt neige. Die Balkanrout­e blieb zwar dicht geschlosse­n, doch die Bayernrout­e war weit offen. Von dort infiltrier­ten Scharen vermummter Dunkelmänn­er das Bergland und übertönten in Salzburg den lieblichen „Sound of Music“, der die Welt eint. E inst hätte das Wort „schwarz“ausgereich­t, um die Schuld an bürgerkrie­gsartigen Zuständen dem Bürgerbloc­k zuzuschieb­en. Türkis bleibt die neue ÖVP völlig unbelastet. Nein, der „Schwarze Block“ist keine Teilorgani­sation einer konservati­ven Bewegung. Den Begriff prägte die deutsche Bundesanwa­ltschaft, als sie 1981 in Frankfurt am Main gegen mutmaßlich­e Mitglieder einer Terrorgrup­pe ermittelte. Unter finsteren Deckmäntel­n operieren heute völlig autonom extreme Linke, Rechte und selbst jene, die Frieden exzessiv durch Gewalt erzwingen wollen. Möglich, dass sich unter Schwarz auch Rotfront verbirgt.

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