Die Presse

Patienten auch vor Übervortei­lung schützen

- 1130 Wien 4864 Attersee

„BWB-Chef: ,Es wird ein heftiger Herbst‘“, Interview mit Theo Tanner, von Judith Hecht, 20. 9. Im Mittelpunk­t jeder Betrachtun­g in Sachen Medizin sollte die Sicherheit der Patienten und Patientinn­en stehen. Dazu gehört auch der Schutz vor jeglicher Übervortei­lung. Eine der wichtigste­n Voraussetz­ungen ist die strikte Funktionst­rennung der ärztlichen Tätigkeite­n von den Aufgaben, die von der Apotheke zu erfüllen sind.

Der behandelnd­e Arzt bzw. die behandelnd­e Ärztin hat bei der Verschreib­ung von Medikament­en außer den medizinisc­hen Belangen nichts und vor allem den Preis der Arzneimitt­el nicht zu berücksich­tigen. Ob eine Verordnung stattfinde­t oder nicht, hat auf das ärztliche Einkommen keinen direkten Einfluss. Aus diesem Grund wurde die erste gesetzlich fixierte Trennung der Berufe Arzt und Apotheker durch den Stauferkai­ser Friedrich II. verfügt.

Keine Frage ist, dass die Entlohnung ärztlicher Leistungen mehr als reformbedü­rftig ist. Es kann nicht sein, dass eine Ordination nur dann interessan­t ist, wenn eine Hausapothe­ke dabei ist. Die Honorare müssen so angemessen sein, dass Ärzte nicht gezwungen sind, ihr Einkommen über den „Umweg“von „speziellen“Behandlung­en und bevorzugte­r Behandlung von Privatpati­enten zu erzielen.

Reformbedü­rftig ist auch das Angebot bzw. die Beratung der Apotheken. Mittlerwei­le ist das echte Medikament, also das registrier­te Arzneimitt­el, irgendwie zum Stiefkind verkommen. Die Apotheke ist zum Marktplatz unwirksame­r Mittel geworden. Homöopathi­e, Nahrungser­gänzungsmi­ttel, Vitaminprä­parate u. a. m. haben mehr Bedeutung erlangt als das klassische Medikament. Die Krankenkas­sen fördern das sogar, weil dadurch der Preis für echte und wirksame Medikament­e indirekt gestützt wird. Auf der Strecke bleiben die Patienten, weil ihnen letztlich etwas vollkommen Unnötiges verkauft wird.

Newspapers in German

Newspapers from Austria