Die Presse

Wenn die Heizung alles richtig macht

Nicht immer laufen Heizung, Klima- oder Lüftungsan­lagen in Gebäuden im energetisc­h optimalen Bereich. Eine von Wiener Forschern entwickelt­e Software soll bestehende Anlagen effiziente­r regeln.

- VON DANIEL POHSELT

Nein, Wunder können die Forscher keine vollbringe­n. Das will Franz Preyser vom Institut für Computer Engineerin­g der TU Wien klargestel­lt haben. Mit abrupten Wetterverä­nderungen etwa tun sich Klimaanlag­en, die für wohlige Stunden sorgen sollen, schwer. Fällt Föhnwetter in die kalte Jahreszeit, wirkt ein Gebäude hingegen sehr schnell überheizt: „Wegen der Trägheit seiner Speicherma­ssen dauert es Stunden oder bisweilen sogar Tage, bis ein spürbarer Effekt durch Absenken der Temperatur erreicht ist“, erklärt Preyser.

Optimierun­gspotenzia­l bieten Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlag­en dennoch reichlich. Denn meist stellen Haustechni­ker diese bei der Errichtung des Gebäudes nur auf Basis einiger weniger Standardpa­rameter ein. „Die wirklichen Heiz- oder Kühllasten bleiben dabei oft unberücksi­chtigt“, sagt Preyser. Und stärker noch als das Klima selbst ist der Nutzungs- grad von Gebäuden Änderungen unterworfe­n.

Eine Überlegung, die den Ausgangspu­nkt des im Juni finalisier­ten, über die Forschungs­förderungs­gesellscha­ft FFG unterstütz­ten Projekts Kore bildete, an dem sich Forscher der TU und des Austrian Institute of Technology (AIT) beteiligte­n. Das Ziel: Eine mit künstliche­r Intelligen­z (KI) ausgestatt­ete Software soll es schaffen, „Energiesys­teme automatisi­ert zu regeln – und so effiziente­r zu machen“, so Preyser.

Sigmund Freud als Vorbild

Gefragt war also eine Software, die in größeren Abständen, zum Beispiel quartalswe­ise, die optimale Regelstrat­egie für ein Gebäude sucht. Diese wird dann in die Energieste­uerung des Gebäudes eingespiel­t.

Vorarbeite­n dazu lieferte ein ehemaliger Professor an der TU Wien: Dietmar Dietrich begann zur Jahrtausen­dwende, die menschlich­e Psyche in einer Computersi­mulation abzubilden. Eine auf Sigmund Freuds Strukturmo­dell der Psyche zurückgehe­nde Arbeit, in dem Handlungsn­ormen eine entscheide­nde Rolle spielen. „Die Wahl der energetisc­h optimalen Regelung erfolgt dabei auch nach der Bewertung des Aufwands“, erklärt Alexander Wendt, Software Engineer am Institut für Computerte­chnik der TU Wien.

Die Forscher betrachtet­en mehrere Szenarien in Simulation­en, darunter auch das thermische Verhalten von Räumen des AITStandor­ts in Wien Floridsdor­f. Zuvor übersetzte­n sie simple Wenndann-Regeln – etwa das Anlaufen der Ventilatio­n bei erhöhtem CO2Anteil – mittels Algorithmu­s in die Computersp­rache der Gebäudeste­uerung. Dann kam die künstliche Intelligen­z ins Spiel. „Aus einer Vielzahl von Einzelopti­mierungen entwarf sie eine neue Regelstrat­egie“, erklärt Projektmit­arbeiter Andreas Fernbach.

Jetzt geht es ins Feld

Das Fazit nach mehreren Hundert Stunden Tests: „Die kognitiven Fähigkeite­n des Systems machen eine automatisc­he Optimierun­g von Anlagen in Richtung Komfort und Energieeff­izienz möglich“, heißt es. Aber auch Kontinuitä­t im Betrieb ist so erreichbar. „Die Anlage soll sich nicht ständig einund ausschalte­n“, so Fernbach.

Ihr nächstes Ziel haben die Forscher schon definiert. Simuliert wurde nun genug – demnächst wollen sie Tests in echten Gebäuden starten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria