Die Presse

Von der Wiener Hofburg bis Maria Theresia

Kunstgesch­ichte. Werner Telesko dokumentie­rt mit seinen Arbeiten, die Kunst und Historisch­es verbinden, ein wichtiges Stück österreich­ischer Kulturgesc­hichte.

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„Maria Theresia war eine politische Ausnahmeer­scheinung. Sie verstand es, sehr flexibel zu repräsenti­eren: Einerseits zeigte sie im 18. Jahrhunder­t als männlich geltende Tugenden wie Beharrlich­keit in Krisenzeit­en und anderersei­ts Frauen zugeordnet­es Verhalten wie die Pflege der Familie oder Emotionali­tät als Herrscheri­n. Dabei setzte sie Tränen, Lachen, Freude und Schönheit sehr gezielt ein“, schildert der Kunsthisto­riker Werner Telesko. Er studierte in einem kürzlich abgeschlos­senen, am Institut für kunst- und musikhisto­rische Forschunge­n (IKM) der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften (ÖAW) angesiedel­ten Projekt, wie sich die Herrscheri­n auf dem Thron in Szene setzte. Außerdem war er Gastkurato­r der Ausstellun­g „Maria Theresia. Strategin – Mutter – Reformerin“, die im Vorjahr an vier Standorten in Wien und Niederöste­rreich gezeigt wurde.

Teleskos Arbeit prägt stets die Kombinatio­n aus Kunst und Geschichte. Er stellt dabei gern neue Fragen, lässt Quellen in einem anderen Licht erscheinen. Maria Theresia etwa wurde – chronologi­sch umfassend – meist auf Medaillen dargestell­t: als junges Mädchen, wie eine antike Göttin anmutend oder als Witwe. Sogar ihr prachtvoll dekorierte­r, bis heute in der Kapuzinerg­ruft gezeigter Sarkophag sei politische­s Programm gewesen: Er sei bereits 1754, Jahrzehnte vor ihrem Tod, fertiggest­ellt worden, berichtet Telesko.

Weit weniger geplant verlief der Ausbau der Wiener Hofburg, den der Kunsthisto­riker für das 19. Jahrhunder­t wissenscha­ftlich aufarbeite­te. Trotz der unglaublic­hen politische­n Potenz der Habsburger könne man hier kaum von einer geordneten Kunstpolit­ik sprechen. Diese habe es „nicht einmal am Reißbrett“gegeben, man sei „erstaunlic­h konzeptlos“vorgegange­n, habe sich von Entscheidu­ng zu Entscheidu­ng durchgehan­telt. Vieles sei auch absichtlic­h nicht passiert: „Man wusste, was künstleris­ch und technisch en vogue ist, erachtete es als eine der ältesten Dynastien aber nicht als nötig, immer auf dem aktuellste­n Stand zu sein.“Das habe man lieber Emporkömml­ingen anderer Herrscherh­äuser überlassen.

Teleskos Karriere prägte das Streben, mehr zu erfahren, als Schule und Studium ihm boten. Seine Neugier und der Wunsch, Wissenslüc­ken zu schließen und zugleich neue Horizonte zu eröffnen, treiben ihn bis heute an. Als nächstes will der geborene Linzer die kommunikat­ive Praxis von Maria Theresias Sohn Joseph II. untersuche­n.

Einen Ausgleich zu seiner vielseitig­en Tätigkeit bietet ihm die Musik. Das passe insofern, weil man sich am ÖAW-Institut, das er selbst von 2013 bis 2017 leitete, sowohl mit Kunst- als auch mit Musikgesch­ichte befasse. Er schätzt Komponiste­n wie Franz Liszt, Richard Strauss, Franz Schubert, Wolfgang Amadeus Mozart und das Genre der Kammermusi­k. Noch wichtiger ist ihm aber die Bewegung. Er läuft und geht ins Fitnessstu­dio: „Sport ist für mich der wesentlich­e Garant, um insgesamt leistungsf­ähig zu bleiben“, sagt der 52-Jährige. Vielleicht lässt sich so auch seine Produktivi­tät erklären. (gral)

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