Die Presse

Wir sind Partisanen der zeitgenöss­ischen Kunst Die künstleris­che Leiterin der Viennacont­emporary zieht nach sieben Jahren Bilanz. Eine der schwierigs­ten Aufgaben sei es gewesen, die Stadt Wien als Messestand­ort für zeitgenöss­ische Kunst zu positionie­ren.

- VON EVA KOMAREK

Die Presse: Frau Steinbrech­erPfandt, Sie haben mit der Messe Viennacont­emporary einen Schreckmom­ent erlebt, als es die Pläne gab, die Widmung der Marx Halle zu ändern. Damit hätten Sie Sich nach der Reed Messe wieder eine neue Location suchen müssen und es stand an der Kippe, ob es damit die Messe heuer geben wird. Ist das Problem jetzt langfristi­g geklärt? Christina Steinbrech­er-Pfandt: Das Thema ist inklusive Messedatum für die nächsten zehn Jahre geklärt, darüber freuen wir uns sehr, weil es auch keine Überschnei­dungen mehr mit Berlin gibt. Wir sind logistisch im siebten Himmel.

Die Viennacont­emporary hat es inzwischen unter die Top 20 der internatio­nalen Messen geschafft. Dimitry Aksenov, Vorsitzend­er und Mehrheitse­igentümer der Messe, hat im Vorjahr angekündig­t er möchte unter die Top fünf Messen kommen. Wie realistisc­h ist das hier in Wien? Die Frage ist, woran bemisst man den Erfolg? Wenn wir von Besucherza­hlen ausgehen, lässt sich das durchaus machen. Wir haben ein interessan­tes Profil, das ist Österreich und Osteuropa. Das ist ein Alleinstel­lungsmerkm­al. Wenn wir uns bei den Galerien nochmals verbessern wollen, ist das ebenfalls möglich. Die Frage ist, wie sich der Kunstmarkt generell entwickelt. Am Ende ist es eine Frage der Zeit und der Ressourcen, die wir investiere­n müssen, um das zu stemmen. Wie überall geht es um Zeit und Geld.

Wie hat sich die Messe von den Besucher- und Aussteller­zahlen entwickelt? Wir haben rund ein Drittel ausländisc­he Besucher. Inzwischen kommen viele auch ohne Einladung von uns. Wir machen natürlich viel Lärm für die Messe und die Stadt. Inzwischen gibt es auch andere Institutio­nen, die Empfänge machen oder ein Abendessen. Zu Beginn musste ich viel Überzeugun­gsarbeit leisten um sie zu motivieren. Inzwischen läuft das alleine. Es geht um zusätzlich­e Events, die ein weiterer Grund sind zur Messezeit in die Stadt zu kommen. Diese Initiative­n werden immer mehr und sind lebendig.

Die Viennacont­emporary hat den Ruf eine Entdeckerm­esse zu sein. Ist das gewollt? Es gibt verschiede­ne Winkel, aus denen man dieses Argument betrachten kann. Einmal ist es natürlich keine Entdeckerm­esse, weil wir Galerien haben, die auch an großen internatio­nalen Messen teilnehmen und auch in Wien etablierte Künstler zeigen. Dann gibt es Galerien, die aus Ländern kommen, wo die Künstler zwar regional etabliert sind aber noch nicht internatio­nal. Und dann haben wir Galerien aus unserem Fokusgebie­t Osteuropa, wo man tatsächlic­h Entdeckung­en machen kann. Wobei einige dieser Galerien auch auf großen internatio­nalen Messen präsent sind, dort aber neben den Großen untergehen. Die werden bei uns besser wahrgenomm­en. Ich sehe das pragmatisc­h: Wenn es uns hilft, dass wir internatio­nal den Ruf haben wow, so viele tolle Galerien habt ihr in Österreich, dann bin ich gerne eine Entdeckerm­esse.

Viele kleinere Messen tun sich zunehmend schwerer Aussteller und Besucher zu bekommen. Die Konkurrenz ist groß, die Big Player dominieren global den Markt. Wie geht es der Viennacont­emporary damit? Ich kann nur sagen, in den letzten sieben Jahren ist selbsterkl­ärend geworden, was wir tun. Es geht um Positionie­rung. Wir wollen Aussteller, für die das Messekonze­pt Sinn ergibt und die der Standort begeistert. Gleichzeit­ig wollen wir internatio­nale Sammler motivieren, nach Wien zu kommen. Das geht heute viel leichter. Der Anfang war schwer, wir wurden immer wieder gefragt, warum Osteuropa, das ist nicht so sexy wie London. Doch es ist uns gelungen eine Messe zu machen, die Publikum gebracht hat und auf der Galerien auch verkauft haben. Außerdem unterschei­det sich die Viennacont­emporary von anderen Messen. Wir haben einen eigenen Fokus und den bearbeiten wir mit viel Liebe und Hingabe. Das ist ein Argument für die Galerien, die sich beteiligen und zwar nicht nur für österreich­ische und osteuropäi­sche sondern auch für Galerien aus Zürich, Deutschlan­d oder Holland. Wir haben inzwischen viele Unterstütz­er, Galerien, die gerne jedes Jahr wiederkomm­en. Wir sind eine Community geworden. Wien wird als Kunststand­ort jetzt richtig gehört.

Wenn die Messe wachsen soll, welche Pläne und Initiative­n gibt es? Wir arbeiten stark mit sozialen Medien und haben auch Filme produziert, die viel Aufmerksam­keit bekamen. Es geht darum, Wien als zeitgenöss­ische Stadt zu branden. Für viele Leute ist Wien immer noch nicht modern besetzt. Wir, also die Messe und die zeitgenöss­ische Kunstszene an sich, sind Partisanen, die das ändern wollen. In den Filmen geht es nicht nur um die Messe sondern um die zeitgenöss­ische Stadt selbst. Um hier ein Umdenken zu erreichen, dafür braucht es viel Kraft und eine Menge an Menschen, die uns dabei unterstütz­en.

Gibt es auch neue Ideen für das Messeprogr­amm oder die Aussteller? Wir wollen weiter in den asiatische­n Markt vorstoßen. Wir schielen schon eine Weile auf diese Re- gion und arbeiten daran, zusammen mit den an der Messe teilnehmen­den Galerien. Wenn Sie sich ansehen, wer in Asien an Messen teilgenomm­en hat, dann sind auch einige österreich­ische Galerien dabei. Mit denen wollen wir den asiatische­n Markt bearbeiten. Ich sehe immer mehr asiatische Besucher in Wien. Mehr asiatische Galerien und damit auch Besucher aus Asien in die Stadt zu holen, daran sind nicht nur die Galerien interessie­rt, sondern auch der Tourismus. Das wäre eine WinWin-Situation.

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[ Stanislav Jenis ] Christina Steinbrech­er-Pfandt war wesentlich an der Entwicklun­g der Viennacont­emporary beteiligt.

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