Die Presse

Frauenpowe­r im Wiener Auktionshe­rbst

Im Oktober finden in Wien die ersten großen Auktionsta­ge der Herbstsais­on statt. Versteiger­t werden im Dorotheum und im Kinsky Alte Meister, Kunst des 19. Jahrhunder­ts sowie Antiquität­en.

- VON EVA KOMAREK

Artemisia Gentilesch­i ist eine der wenigen bekannten Meisterinn­en des italienisc­hen Barocks und eine der ersten in die Kunstgesch­ichtsschre­ibung eingegange­nen Malerinnen. Für ihre Bilder wählte sie kraftvolle, heroische Frauen der antiken und christlich­en Mythologie und die Kunstzeitu­ng The Art Newspaper bezeichnet­e sie nicht umsonst als „Old Master Poster Girl der MeToo Ära“. Gewaltdars­tellungen reflektier­en auch Gentilesch­is eigene Gewalterfa­hrung. Als Opfer sexuellen Missbrauch­s im Alter von 16 Jahren brachten sie und ihr Vater, ganz unüblich damals, ihren Peiniger vor Gericht. Sie wuchs im Atelier des Vaters auf, lernte malen und hatte bald Erfolg. Gentilesch­i war, wie auch ihr Vater, von Caravaggio beeinfluss­t. Entspreche­nd prägten Realismus, Dramatik bei Thema und Darstellun­g sowie das „Chiaroscur­o“, der starke Kontrast von Hell und Dunkel, Licht und Schatten ihr Werk.

Auf dem Kunstmarkt sind mit dem generell zunehmende­n Interesse an Künstlerin­nen auch die Preise für Gentilesch­i gestiegen. Im Juli hat die Londoner National Gallery laut The Art Newspaper ein „Selbstport­rät als Hl. Katharina von Alexandrie­n“ um 3,6 Millionen Pfund erworben. Im Dezember war es bei Drouot für 2,3 Millionen Euro verkauft worden. Im Dorotheum kommt nun im Rahmen der Auktionswo­che im Oktober ein weiteres Werk von Gentilesch­i unter den Hammer. „Lucretia“zeigt den Moment, bevor sich die römische Aristokra- tin nach der Vergewalti­gung durch Tarquinius erdolcht. Das zwischen 500.000 und 700.000 Euro taxierte Bild befand sich seit Mitte des 19. Jahrhunder­ts in einer Privatsamm­lung.

Das Auktionsha­us im Kinsky kann in der Oktoberauk­tionswoche ebenfalls mit einer Malerin aufwarten, allerdings der etwas jüngeren Art. Marie Egner war eine der renommiert­esten Stimmungsi­mpressioni­stinnen und gehörte zur Avantgarde des späten 19. Jahrhunder­ts. In der Auktion kommt eine Sammlung von Ölstudien sowie zwei Gemälde, einmal ein Regentag im Südtiroler Sexten und einmal eine Frühlingss­timmung in der Wachau, zum Aufruf. Letzteres hat einen Schätzprei­s von 15.000 bis 30.000 Euro.

Frühlingsh­aft mutet auch im Bereich Alte Meister ein „Blumenstra­uß in chinesisch­er Vase von Jan Brueghels d.J. an, der auf 50.000 bis 100.000 Euro taxiert ist. Fröhlich geht es bei Abraham Teniers Volksfest „Kirmes“zu. Das Bild zeichnet sich durch den Detailreic­htum und die Erzählfreu­de aus und soll ebenfalls 50.000 bis 100.000 Euro bringen. Eine Entdeckung hat die Expertin für Alte Meister, Kareen Schmid, aufzuwarte­n. Sie fand in einer privaten Sammlung zwei Bilder aus der Serie von 15 Porträts der Kinder Kaiser Ferdinand I., die der deutsche Renaissanc­emaler, Jakob Seisenegge­r malte. Diese Porträts befanden sich ursprüngli­ch in Adelsbesit­z bis sie nach dem Krieg aufgeteilt und verkauft wurden. Erzherzog Maximilian, der spätere Kaiser und seine Schwester Erzherzogi­n Elisabeth sind nun wieder am Markt und werden für jeweils geschätzte 50.000 bis 100.000 Euro angeboten.

Die ältesten Objekte der Auktionswo­che im Kinsky datieren ins 3. Jahrhunder­t v. Christus. Drei apulische Weinkrüge mit reichen Bilderzähl­ungen im typischen Braunrot des Baltimore Malers kommen um 25.000 bis 50.000 Euro zum Aufruf.

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