Weißes Gold ist ein Nischenmarkt
Der Markt hat sich verengt. Hochkarätige Objekte werden aber noch gekauft.
Vor 300 Jahren wurde durch die Vergabe eines kaiserlichen Privilegiums an Claudius Innocentius Du Paquier die Wiener Porzellanmanufaktur gegründet, übrigens die zweitälteste in Europa. Sie durchlief eine faszinierende Erfolgsgeschichte und setzte in der Frühzeit und im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts neue ästhetische Maßstäbe. Das MAK bewahrt den Nachlass der 1864 geschlossenen Porzellanmanufaktur auf und zeigt anlässlich des Jubiläums eine umfangreiche Ausstellung, die die Geschichte der Wiener Produktion im Kontext der Manufakturen in Meissen, Nymphenburg, Berlin und Frankenthal sowie Doccia und S`evres aufarbeitet. Auf dem Kunstmarkt zählt Porzellan von Du Paquier zu den begehrten, weil raren Objekten. „Das ist eine der besten Manufakturen. Es ist nur leider auf dem Markt fast nichts verfügbar“, sagt Alfredo Reyes, Mitbegründer von Kunsthandel Röbbig in München und einer der führenden internationalen Porzellanhändler. Die Entwürfe hätten sich durch Kreativität und Einmaligkeit ausgezeichnet. Du Paquier habe viele neue Formen und Dekors geschaf- fen, im Gegensatz zu Meissen, die viel mit Vorbildern gearbeitet hätten. Neben dem Wiener Porzellan gehören die deutsche Manufaktur Meissen und die französische Manufaktur S`evres zu den begehrtesten am Markt.
Insgesamt ist der Markt für Porzellan seit der Jahrtausendwende stark rückläufig. Es gibt kaum noch Sammler, die sich auf das Sammeln einer ganzen Manufakturgeschichte oder spezieller Formstücke einlassen. Viele der Händler sind verschwunden und jüngere kommen kaum nach. Auch bei internationalen Auktionen spielt Porzellan längst keine wichtige Rolle mehr. Es gibt keine eigenständigen Auktionen mehr, sondern Porzellan wird meist in Antiquitätenauktionen integriert. Entsprechend sind die Preise gefallen. Nur noch herausragende Ware mit Provenienz erzielt laut Reyes hohe Preise. Bei Meissen datiere die gefragteste Ware zwischen 1710 und 1750. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts sei Meissen mehr oder weniger in Großproduktion gegangen. „Nach 1750 gibt es noch einige Sonderanfertigungen, aber der Rest hat keinen Sammlerwert.“Bei S`evre gibt es keine so spezifi- sche Zeitspanne, hier spiele vor allem die Provenienz eine wichtige Rolle. Eine der wichtigsten Auftraggeberinnen der Manufaktur war Madame de Pompadour. Ihr Geschmack prägte die hergestellten Formen und Farben. 1756 wurde sogar eine Farbe nach ihr benannt, das berühmte Rose´ Pompadour. Die Auftraggeber lassen sich gut nachvollziehen, weil in der Manufaktur alles minuziös dokumentiert und archiviert wurde.
Bei Meissen gehören Figuren von Johann Joachim Kaendler zu den gesuchten Stücken. Kurfürst August I. berief Kaendler nach Meissen, um das Japanische Palais des Herrschers mit Plastiken und Gefäßen auszustatten. Ab 1731 prägte der gelernte Bildhauer die Formensprache für Porzellan und läutete die künstlerische Blütezeit der Manufaktur ein. Sein Opus Magnum ist das weltberühmte „Schwanenservice“, das er im Auf- trag von Graf Heinrich von Brühl verwirklichte. „Ein Figurenpaar ’Pantalone und Columbine’ von Kaendler in der ersten Ausformung würde heute um die 150.000 Euro wert sein, abhängig vom Zustand, der Qualität der Bemalung und wann es bemalt wurde. Wenn diese drei Faktoren nicht stimmen, ist es nicht einmal die Hälfte wert“, sagt Reyes. Auch bei Tellern, die früher zur Dekoration an die Wände gehängt wurden, zählen nur noch Vitrinenstücke zu den MustHaves für Porzellansammler, wie beispielsweise ein Teller aus besagtem Schwanenservice.
Doch vielleicht erlebt Porzellan noch einmal einen Aufschwung, zeigt sich Reyes zuversichtlich. „Wir haben zuletzt wieder mehr Nachfrage erlebt. Wir müssen nur mehr Reisen. Zu den Wachstumsmärkten für europäisches Porzellan gehört neben Asien Amerika“, sagt der Kunsthändler. Deshalb sei er froh, dass sich die Kunst- und Antiquitätenmesse Tefaf für die Expansion nach New York entschieden habe.
Auf den Herbstmessen bietet Reyes qualitativ Hochwertiges. Im Angebot hat er beispielsweise von Meissen eine um 1735 entstandene Garnitur von fünf Vasen mit einer Bemalung von Adam Friedrich von Löwenfinck, um 1,6 Millionen Euro. Nach einem Modell von Kaendler bietet er die Figurengruppe „Harlekin und Dame, Papageien mit Kirschen fütternd“für 45.000 Euro an. Und er hat auch ein Paar Prunkvasen mit Allegorien des Sieges und des Friedens von Du Paquier, entstanden um 1739, für 480.000 Euro zu verkaufen.