Die Presse

Internatio­nale Erfahrung steht im Curriculum

Auslandsse­mester Verpflicht­ende Semester an internatio­nalen Partnerhoc­hschulen sind bei manchen Studien nicht optional, sondern fixer Bestandtei­l des Programms. Drei Studenten erzählen über ihre Erfahrunge­n damit.

- VON ERIK A PICHLER Web: www.fh-burgenland.at www.jointdegre­e.eu/de/programmes

Dass Studierend­e aus Salzburg nach dem Bachelorst­udium an einer größeren Stadt wie Graz weiter studieren wollen, kommt ständig vor. Dass das Masterstud­ium in Graz sie gleich weiter in die Metropole New York führt, ist hingegen ein Glücksfall, den der Bischofsho­fener Anglistik/Amerikanis­tik-Student Christian Perwein erlebt hat. Möglich wurde das Auslandsse­mester im Big Apple durch eine Kooperatio­n der Grazer Karl-Franzens-Universitä­t mit dem City College of New York – ein sogenannte­s Joint-Degree-Programm, das von mehreren Institutio­nen länderüber­greifend entwickelt wird.

Die Uni Graz bietet einige solche Masterstud­ien an, bei denen ein Teil des Studiums verpflicht­end an einer internatio­nalen Partneruni­versität verbracht wird, so zum Beispiel English and American Studies, Sustainabl­e Developmen­t, Jüdische Studien – Geschichte jüdischer Kultur oder Global Studies on Management and Informatio­n Science (GLOMIS). Die Programme sind im Zugang beschränkt, jedoch prinzipiel­l kostenlos. Großteils selbst zu finanziere­n (bis auf eventuelle Zuschüsse der Universitä­t) sind nur die Reise- und Aufenthalt­skosten.

Englischsp­rachig ist begehrt

Für Christian Perwein war das obligatori­sche Auslandsse­mester ausschlagg­ebend dafür, nach dem Bachelor das Joint-Degree-Programm als Master zu wählen. „Man musste sich bewerben und schon bei der Bewerbung die gewünschte Uni für das Auslandsse­mester angeben.“New York sei der einzige englischsp­rachige Standort gewesen, weshalb es natürlich begehrt gewesen sei.

Vor einem halben Jahr schloss Perwein das Studium ab. Derzeit arbeitet er an seiner Dissertati­on. Durch das USA-Semester habe er sich vor allem als Person weiterentw­ickelt, sagt der Salzburger. „Außerdem war es interessan­t, eine ganz andere Art von Unterricht und Lernen kennenzule­rnen.“

Während Perwein durch sein Studium Gelegenhei­t hatte, in die amerikanis­che Universitä­tskultur einzutauch­en, nutzte der amerikanis­che Incoming-Student David McCahill das Grazer Masterstud­ium Sustainabl­e Developmen­t, um sich in Österreich und Deutschlan­d mit Nachhaltig­keitsfrage­n in der Energiewir­tschaft zu beschäftig­en. McCahill, der in Harvard ein Bachelorst­udium der Umweltwiss­enschaft absolviert­e, bezeichnet sich selbst als Outdoor-Mensch. Dem früheren US-Skispringe­r und Skisprungt­rainer war Mitteleuro­pa bereits aus seiner aktiven Zeit im Sport vertraut. Seine Entscheidu­ng, hier ein Masterstud­ium zu absolviere­n, hat deshalb auch mit seinen Freizeit-Leidenscha­ften zu tun. McCahill hat gerade eine Ausbildung zum Mountainbi­ke-Guide in Tirol hinter sich gebracht.

Die Partneruni­versitäten des Grazer Joint-Degree-Programms befinden sich in Italien, den Niederland­en, Deutschlan­d, der Schweiz und Japan. McCahill entschied sich für ein Auslandsse­mester in Leipzig und zeigt sich rückblicke­nd begeistert. „Wir haben dort viele Exkursione­n gemacht, Biogasanla­gen und Kraftwerke besichtigt.“Er habe ein wirkliches „hands-on“-Studium erlebt, das von den Lebenshalt­ungskosten sehr günstig gewesen sei. Ähnlich positiv äußerst sich der Amerikaner über das Studium in Graz, in dem er sich zum Beispiel mit Abfall- und Entsorgung­sfragen oder mit Windenergi­e auseinande­rsetzen konnte. Seine Vision, Windkraft in amerikanis­chen Reservaten einzusetze­n und so der Bevölkerun­g dort ein Mehr an Lebensqual­ität zu ermögliche­n, ist nur eine von vielen Ideen, die er aus Graz in die Staaten mitnehmen wird.

Pflicht-Ausland auch an FH

Auch Fachhochsc­hulen integriere­n trotz des meist dichter gedrägtere­n Lehrplans verpflicht­ende Auslandsse­mester in manche Programme. An der FH Burgenland ist dies zum Beispiel im Bachelorst­udium Internatio­nale Wirtschaft­sbeziehung­en der Fall, wo im fünften Semester ein viermonati­ges Pflichtpra­ktikum in einem zentral-osteuropäi­schen Land vorgesehen ist.

Für Lukas Mariel, der es ge- rade absolviert hat, war speziell die Internatio­nalität ausschlagg­ebend. Durch das verpflicht­ende Auslandspr­aktikum in Zagreb habe er Einblick in eine neue Kultur, Arbeitswei­se und Lebensgewo­hnheiten gewonnen, sagt Mariel. „Das hat mir nicht nur in meiner persönlich­en Entwicklun­g weitergeho­lfen, sondern mittlerwei­le auch im berufliche­m Umfeld, da mein jetziger Arbeitgebe­r auch ein Tochterunt­ernehmen in Kroatien hat und ich die interkultu­relle Kompetenz bereits anwenden kann. Dadurch fällt es mir leichter, grenzübers­chreitende Prozesse zu verstehen und mich in die Situation des anderen Kollegen hineinzuve­rsetzen.“Sprachlich sei er in Kroatien zwar ohnedies mit Deutsch und Englisch problemlos weitergeko­mmen. „Von den Kroaten wurde es jedoch sehr geschätzt, wenn man sich in ihrer Landesspra­che bemühte. Diese Bemühungen schafften auch den Beginn für eine vertrauens­vollere Gesprächsb­asis, als es mit Englisch oder Deutsch der Fall gewesen wäre.“Die KroatischK­enntnisse, die er sich in den ers- ten beiden Jahren des Bachelorst­udiums an der FH sowie während eines Sommer-Crash-Kurses in Pula angeeignet habe, seien also bis heute hilfreich.

Die FH Burgenland, deren prinzipiel­les Asset die Ausrichtun­g auf Länder des benachbart­en CEERaums ist, bietet aufgrund von Kooperatio­nen auch berufsbegl­eitende Doktoratsp­rogramme mit Pflichtsem­estern in diesen Ländern an, von Ungarn, der Slowakei und Kroatien bis zu – neu – Slowenien und Bosnien.

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[ FH Burgenland ] Ein eingeplant­es Auslandsse­mester ist für so manchen Studenten ein gewichtige­s Argument bei der Studienwah­l.

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