Der Tote, der jeden liebt, immer noch arbeitet, nu
USA. Einst saß Tom Houck für Martin Luther King Junior am Steuer, heute führt er Touristen auf den Spuren der Bürgerrechtsbewegung durch Atlanta.
Tom Houck rattert die legendären Namen der Bürgerrechtsbewegung herunter, als hätte er mit ihnen schon im Sandkasten gespielt. Und fast stimmt es ja auch, zumindest mit den Kindern von Ralph David Abernathy und Co. hat er als junger Mann vor dem Haus von Coretta und Martin Luther King Jr. Basketball gespielt und sie zur Schule gefahren.
Heute steht der 70-Jährige an einem späten Samstagvormittag mit einer Gruppe von 20 Touristen vor dem letzten Wohnsitz der Kings und berichtet von dem Leben hinter den seit Jahren verschlossenen Türen des verwaisten Hauses. Von den gemeinsamen Mahlzeiten, bei denen nicht nur die Familie King am Tisch saß, sondern völlig selbstverständlich auch die Haushälterin, die gekocht hatte – und er selbst, damals erst 19-jähriger Fahrer und späterer Assistent und Aktivist. Seit drei Jahren bietet Houck jeden Samstag und Sonntag die Civil-Rights-Touren an, die per Bus neben den bekannten Stationen wie dem King Center oder dem 2014 eröffneten National Center for Civil and Human Rights auch zahlreiche andere Stationen anfahren, die für die Bürgerrechtsbewegung Bedeutung hatten. Und erzählt dazu Geschichten und Anekdoten, zeigt Videos mit Interviews wichtiger Vertreter der Bewegung wie John Lewis, Andrew Young oder Julian Bond – Namen, mit denen man sich vielleicht schon vor der Tour vertraut machen sollte, denn für Houck sind sie so selbsterklärend, dass man schnell den Faden verlieren kann, wenn er begeistert von ihnen erzählt.
Abfahrt ist am Grab Dr. Kings, dessen Doktortitel überall in Atlanta dazugesagt wird. Hier, direkt neben der berühmten Ebenezer Baptist Church, stand einst auch das Münztelefon, in das Houck nach seiner Ankunft in Atlanta 1966 gerade einen Dime hineingeworfen hatte, um von einem Mitglied der Bürgerrechtsbewegung abgeholt zu werden. Er war soeben aus seiner Highschool in Jacksonville geflogen, weil er sich an den Protesten in Selma beteiligt hatte, und wollte nun bei der Southern Christian Leadership Conference (SCLC), der Dachorganisation der Bewegung, mitarbeiten.
Was ihm binnen Stunden auch gelingen sollte, wenn auch anders als gedacht: „Plötzlich hielt neben mir das Auto von Dr. King und er fragte mich, was ich hier mache“, erzählt Houck, während der Bus sich langsam in Bewegung setzt. Nachdem er King geantwortet hatte, lud der Pastor ihn spontan zum Mittagessen in seinem Haus ein, wo ihm Coretta Scott King über Hendl, Schinken, Blattgemüse, Cole Slaw, Kürbis, Maisbrot und süßem Tee einen Job anbot, weil sie einen Fahrer für ihre vier Kinder suchte. 15 Dollar verdiente er zunächst pro Woche, später waren es 25 – vor allem aber lebte und arbeitete Houck fortan als einer der