Die Presse

Max Lercher: „Was es jetzt braucht, ist Liebe“

Interview. SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Max Lercher über die Fehler seiner Partei und darüber, wie man Wähler gewinnen will. Sein Job mache ihm weiterhin Spaß.

- VON ANNA THALHAMMER

Die Presse: Wurden Sie und die Bevölkerun­g von Christian Kern belogen? Max Lercher: Nein.

Wieso hat er dann noch vor Kurzem von „Mumpitz“geredet, als man ihn fragte, ob er EU-Spitzenkan­didat werden wolle? Christian Kerns berufliche Zukunftspl­äne waren ein Prozess, der langsam herangerei­ft ist. Insofern hat er weder mich noch sonst irgendjema­nden angelogen.

Ein geordneter Abgang sieht anders aus – wie will man das wieder hinbiegen? Wir haben ehrlich kommunizie­rt, dass Fehler passiert sind, und haben uns dafür entschuldi­gt. Weiters finde ich wichtig, dass der Bundespart­eivorstand rasch einen Weg zur Nachfolge und zu einem Bundespart­eitag skizziert und beschlosse­n hat. Und das ruhig und einig. Es ist wichtig, Handlungsf­ähigkeit zu zeigen, und das haben wir getan.

Die SPÖ muss nach dieser Aktion davon ausgehen, in den Umfragen fürs Erste weiter zu verlieren. Wie will man sich die Herzen der Bevölkerun­g zurückhole­n? Die Sozialdemo­kratie hatte in ihrer Geschichte immer wieder bewegte Zeiten, aber war dann auch immer in der Lage, die richtigen Schlüsse zu ziehen, und das wird auch jetzt so sein. Wie wir da wieder herauskomm­en? Indem ich nicht auf Umfragen achte, sondern auf das, was die SPÖ seit 130 Jahren ausmacht: der politische Kampf für Gerechtigk­eit, den wir zu führen haben.

Und dieser sieht wie aus? Zum einen, indem wir innerparte­ilich vorzeigen, dass Entscheidu­ngen auch in kurzer Zeit getroffen werden können. Zum anderen geben wir der Partei mit dem neuen Programm wieder ein gutes, zeitgemäße­s Fundament – vor allem in der Verteilung­sfrage und in der sozialen Frage. Das ist unser Auftrag. In der SPÖ reißt sich bisher niemand wirklich darum, Kerns Nachfolge anzutreten. Sind Sie ehrgeizig genug dafür? Ich habe nie Ehrgeiz besessen, wenn es um Posten ging. Ich habe aber immer einen unheimlich­en Ehrgeiz besessen, wenn es um Werte und Inhalte ging.

Was muss die neue Parteispit­ze mitbringen, was Christian Kern nicht hatte? Ich möchte nicht sagen, was Kern nicht hatte. Jeder Mensch ist anders, und jeder Mensch hat seine Stärken und Schwächen. Das macht uns auch aus. Ich glaube, was es jetzt braucht, ist Liebe. Liebe zu den Werten der Sozialdemo­kratie und eine Leidenscha­ft für den Kampf um Gerechtigk­eit.

Wird es eine neue Aufgabente­ilung zwischen Bundespart­eiführung und der Geschäftsf­ührung geben? Man kann alles diskutiere­n, und es wird auch diskutiert werden. Aber erst, wenn Kern seine Nachfolge designiert hat und wir in den Gremien darüber geredet haben.

Parteiprog­ramm und Prozess zur Neuaufstel­lung der Organisati­on sind endlich auf Schiene. Wird das jetzt wieder gestoppt? Nein. Wir haben beschlosse­n, dass der Parteiprog­rammprozes­s genau so am Parteitag eingebrach­t wird. Und dass wir weitermach­en wie geplant. Wir haben den Fristenlau­f nur ein wenig verlängert.

Die nächste große Wahl, die zu schlagen ist, ist die EU-Wahl. Wie sieht das Programm der SPÖ für Europa aus? Das wird mit den Kandidaten vorgestell­t – und muss am Parteitag Ende November beschlosse­n werden. Ein Hauptpunkt wird sein, dass wir auch eine Sozialunio­n und nicht nur ein Europa der Konzerne wollen.

Kern hat gesagt, er möchte EU-Agenden in Österreich populärer machen. Wie? Ja, er hat sich da wirklich nicht eine der einfachste­n Aufgaben ausgesucht. Aber er ist eine Person, die das mit ihrer Bekannthei­t und Popularitä­t schaffen kann. Wir sind sehr froh, ihn als Spitzenkan­didaten zu haben.

Wie sieht eigentlich Ihre berufliche Zukunft aus? Wollen Sie Bundesgesc­häftsführe­r bleiben? Ich beteilige mich nicht an Spekulatio­nen, meine Person betreffend. Ich kümmere mich jetzt darum, dass die Partei wieder in geordnete, ruhigere Fahrwasser kommt. Das ist, was ich jetzt zu tun habe.

Nicht gerade eine der angenehmst­en Aufgaben. Macht Ihnen Ihr Job eigentlich noch Spaß? Halten Sie mich für einen Trottel, aber ich liebe diesen Verein einfach.

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[ Fabry ] SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Max Lercher.

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