EM-Gold für Österreich im Doppel
Tischtennis-EM. Robert Gardos und Daniel Habesohn gewinnen sensationell DoppelGold, Sofia Polcanova – Europas Nummer eins – feiert zwei Silberne und eine Bronzene.
Das ÖTTV-Doppel Daniel Habesohn und Robert Gardos holte bei den Tischtennis-Europameisterschaften in Alicante die Goldmedaille.
Österreich ist doch eine Tischtennis-Nation. Werner Schlagers WM-Sensation (2003) ist lang her, auch der EM-Coup von Jekaterinburg 2015 mit Goldund Silbermedaillen ist schon fast vergessen. Seit zwei Jahren musste der Verband auf Medaillen warten, zehrten zuletzt auch personelle Enttäuschungen und alarmierende Rückzahlungsforderungen des Sportministeriums von über 320.000 Euro nicht korrekt verwendeter bzw. abgerechneter Fördergelder an den Nerven von ÖTTV-Präsident Hans Friedinger. Umso mehr kam die EM in Alicante wie gerufen – und es wurden wahre Medaillenfestspiele.
Bei den Herren gewann Stefan Fegerl Mixed-Bronze – der Hit aber gelang Daniel Habesohn und Robert Gardos. Sie triumphierten im Doppelfinale bei der Neuauflage des EM-Endspiels von 2012, besiegten das schwedische Duo Mattias Falck und Kristian Karlsson erneut mit 4:1 (9, -6, 4, 9, 9).
Es war auch das Turnier von Sofia Polcanova. Dass die 24-Jährige, die 2008 aus Chisinau, Moldawien, nach Linz gekommen war, seit einigen Monaten die Nummer eins in Europa ist, ist Folge harter Arbeit, die sie bei Froschberg leistet. Sie gewann bei dieser EM gleich drei Medaillen: Bronze im Einzel, Silber im Mixed (mit Stefan Fegerl) – und Silber im Doppel mit der Russin Jana Noskowa. Sie unterlagen im Endspiel den Deutschen Mittelham/Lang in einem Sieben-Satz-Thriller mit 3:4 (-10, 8, 6, -4, 9, -7, -12) und vergaben dabei zwei Matchbälle.
Business mit dem Plastikball
„Sofia ist unser größtes Talent, ein Segen, ein Star“, hatte Friedinger schon vor zwei Wochen der „Presse“vorgeschwärmt. Dass Polcanova auch ein Trumpf bei den Sommerspielen 2020 in Tokio sein kann, musste er nicht betonen. Umso mehr Wert wurde seitens des ÖTTV jedoch auf die Tatsache gelegt, dass diese Erfolge schon in die Berechnungen der Fördergelder fließen müssten. Zu- mindest geben ihr Edelmetall und die Medaillen von Daniel Habesohn dem Verband wieder etwas mehr Luft. Und Kraft bei Auftritten gegenüber Sponsoren – und vor allem dem Sportminister.
Tischtennis mag für manche ein belächelter Sport sein, aber global gesehen ist er alles andere als eine Randsportart. In Asien verdient man gutes Geld mit dem 40 Millimeter großen Plastikball, im Weltcup oder der Champions League stehen europäische Stars am Tisch. Diese Disziplin bietet sogar in Österreich große Karrierechancen; und Polcanova hat sie ergriffen.
Von ihrem Vater erhielt sie die Begeisterung, er trainierte sie auch in den Anfängen. „Trainiert haben wir in einem kleinen Keller, in einer Schule“, erzählte sie einst ihre Lebensgeschichte, die angesichts ihres Status und der Medaillenflut jetzt fast wie ein Märchen anmutet. „Das Licht war schlecht, es gab kein Wasser. Beim Umziehen beeilten wir uns, weil es so kalt war.“In Linz erwachte sie in einer „anderen Welt“, das Heimweh verschwand schneller als gedacht.
Täglich wird zwei Mal, insgesamt sechs Stunden lang trainiert. Parallel dazu holte sie ihren Hauptschulabschluss nach, begann mit der HAK, fand Freunde, ein neues Zuhause. Dass die Linkshänderin kurzsichtig ist, spielt kaum eine Rolle. Hauptsache, Service und Topspinschläge passen bei Europas Nummer eins, die mit einer Körpergröße von 1,80 Metern genug Wucht, aber auch viel Spin in ihre Schläge bringen kann.
Bei den Sommerspielen 2016 in Rio feierte Polcanova, übrigens auch Champions-LeagueSiegerin mit Froschberg, ihr OlympiaDebüt. Nun setzt der Verband noch größere Hoffnungen in „Sonja“. Denn sie besitzt Talent, Nervenstärke und Durchhaltevermögen. Ihre Medaillen sind jedenfalls die beste Empfehlung für die besondere Olympiaförderung. „Diese drei habe ich aber definitiv auch für meinen Vater gewonnen“, sagt sie. „Er starb an Krebs. Ich habe mein Spiel in den vergangenen zwei Jahren stark verbessert. Aber ich brauchte Zeit, damit all meine Wunden heilen konnten. Jetzt bin ich stärker denn je zurück.“
Sie ist unser größtes Talent, ein Segen, ein Star. Sofia ist eine Ausnahmekönnerin. Hans Friedinger, ÖTTV-Präsident