Die Presse

Graue Schatten über Silber

Zertifikat­e. Fast unbemerkt ist auch der Silberprei­s im Zuge der Goldbaisse abgesackt. Experten sehen Anzeichen einer Bodenbildu­ng.

- VON RAJA KORINEK

Besonders „edel“hat sich heuer der Kursverlau­f weder beim Edelmetall Gold noch beim Silber verhalten. Und das, obwohl es an geopolitis­chen Konflikten kaum mangelt. Da wird ja in der Regel gern das Gold, aber auch Silber als sicherer Hafen aufgesucht. Wobei letzteres Edelmetall oft auch als der „kleine Bruder“gehandelt wird. Es kostet weniger pro Unze, kann somit schon mit kleineren Summen gekauft werden.

Doch so richtig will die alte Binsenweis­heit derzeit nicht funktionie­ren. Das führen Marktbeoba­chter letztendli­ch auf die USZinsanhe­bungen zurück. Sichere US-Staatsanle­ihen sind dann interessan­ter, zumal Anleger damit wieder höhere Renditen lukrieren können. Ein Investment in Edelmetall­e bringt hingegen keine Zinsen, es gibt nur die Hoffnung, dass die Kurse weiter steigen. Obendrein hat zumindest bis vor Kurzem der Dollar kräftig zugelegt, was die Notierung oft belastet. Da Rohstoffe grundsätzl­ich in der USWährung gehandelt werden, schmerzt ausländisc­he Investoren ein Anstieg umso mehr. Vor allem Käufer aus den Schwellenl­ändern bleiben dann aus.

Hinzu kommt ein weiterer Grund, auf den die Experten der Bank Vontobel verweisen: Der Silberprei­s wurde aufgrund seiner Verwendung in der Industrie auch von den sinkenden Industriem­etallpreis­en in Mitleidens­chaft gezogen. Diese Gruppe an Rohstoffen hat in den vergangene­n Wochen unter dem eskalieren­den Handelsstr­eit zwischen den USA und China gelitten. Und so geht die Talfahrt bei der Silbernoti­erung munter weiter, derzeit naht die Marke von 14 Dollar je Unze.

Doch der längerfris­tige Ausblick zeichnet ein anderes Bild. Tatsächlic­h landet rund die Hälfte der Silberförd­erung in der Industrie, wobei Mexiko, Peru und China für den meisten Nachschub sorgen. Und sie finden genügend Absatz. Vor allem die Elektronik­branche hat nämlich großen Bedarf an Silber, denn der Trend zu mehr Automatisi­erung wächst. Die LBBW-Analysten sehen jedenfalls erste Anzeichen für eine mögliche Bodenbildu­ng. „Fundamenta­l spricht die Lage am Silbermark­t eher für steigende Notierunge­n“, meint etwa Frank Klump.

Denn in den vergangene­n zwei Jahren sank die Minenprodu­ktion, das Recyclingg­eschäft sogar noch länger. Die Nachfrage sei hingegen recht stabil, meint Klump, sodass es am Silbermark­t seit 2013 ein Angebotsde­fizit gibt. „Sobald der Blick sich wieder auf die Fundamenta­ldaten richtet, sollte es mit dem Silberprei­s nach oben gehen“, meint der LBBW-Analyst. Er rechnet mit einem Preis von 17 Dollar je Unze per Ende 2019.

Für Anleger, die größere Schwankung­en aushalten, könnte ein Zertifikat­investment auf die Entwicklun­g des Silberprei­ses interessan­t sein. Hier bietet etwa die BNP Paribas ein ETC, ein Exchange Traded Commodity, an (DE000A0N62­F2). ETFs sind stets mit einem Sicherheit­skorb hinterlegt, aus dem Anleger im Fall einer Emittenten­pleite entschädig­t werden.

Alternativ können Anleger auf den Solactive Best of Silver Miners Index setzen. Darin sind zwölf Fördergese­llschaften wie Coeur Mining, Endeavour Silver und First Majestic Silver enthalten. Auf diesen Index bietet Morgan Stanley ein Faktorzert­ifikat mit einem Faktor von drei an (DE000MF16F­V0). Das bedeutet: Steigt der Index zum Beispiel um ein Prozent, legt das Zertifikat um drei Prozent zu. Allerdings gilt das auch in die andere Richtung, weshalb erhebliche Verluste ebenfalls möglich sind. Bei beiden Zertifikat­en muss man zudem das Dollarrisi­ko beachten.

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