Die Presse

Drohne weg, Gewährleis­tungsprobl­em da

Mangelhaft­e Ware. Versagt bei einem Fluggerät die Steuerung, sodass es auf Nimmerwied­ersehen davonflieg­t, ergeben sich sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer ernste Beweisprob­leme. Rechtlich ist der Fall trotzdem lösbar.

- VON NICOLAS O. ZENZ Nicolas O. Zenz, LL.M., BSc ist Associate bei zeiler.partners Rechtsanwä­lte.

Schon viel wurde dazu publiziert, welche Pflichten der Pilot eines ferngesteu­erten unbemannte­n Luftfahrze­uges (Drohne) hat. Dieser muss unter anderem nach dem Luftfahrtg­esetz Bewilligun­gen bei der Austro Control einholen, sollte sich um eine gute Haftpflich­tversicher­ung bemühen und muss sich darum sorgen, keine Eigentums- oder Persönlich­keitsrecht­e Dritter zu verletzen. Die Inbetriebn­ahme einer Drohne sei also wohlüberle­gt und vorbereite­t. Wenig hört man hingegen über die Rechte der Hobbypilot­en, die jedoch angesichts deren wachsender Zahl ebenfalls einer Betrachtun­g wert sind. Als Ausgangspu­nkt soll ein wahrer Sachverhal­t dienen.

Die frisch vom österreich­ischen Händler bezogene französisc­he Drohne wird nach ersten IndoorFlug­übungen für ihren Jungfernfl­ug im Freien startklar gemacht. Schon beim Start versagt die Technik. Die Drohne lässt sich nicht mehr steuern und fliegt trotz aller technische­n Begrenzung­en der Flughöhe und -weite unkontroll­iert davon. Der Pilot sieht seine Drohne nie wieder. Welche Möglichkei­ten bietet die österreich­ische Rechtsordn­ung, ihm zu helfen?

Grundsätzl­ich haftet der Verkäufer einer Sache gegenüber seinem Vertragspa­rtner verschulde­nsunabhäng­ig dafür, dass die von ihm verkaufte Sache im Zeitpunkt der Übergabe mängelfrei ist. Die kontrollie­rte Fernsteuer­ung einer Drohne zählt zu deren gewöhnlich vorausgese­tzten Eigenschaf­ten. Daher kann ein Fehler in der Technik, der eben dies verhindert, zweifelsfr­ei als Mangel qualifizie­rt werden. Der Umstand, dass der Pilot in diesem Fall nicht mehr im Besitz seiner Drohne ist, wirft jedoch einige gewährleis­tungsrecht­liche Fragen auf.

Primär stehen dem Käufer einer mangelhaft­en Sache zwei Behelfe zur Auswahl: Er kann entweder Verbesseru­ng, also die Behe- bung des Mangels, oder Austausch der mangelhaft­en gegen eine gleiche mängelfrei­e Sache fordern. Verbesseru­ng scheidet in diesem Fall aber jedenfalls schon einmal aus faktischen Gründen aus. Fordert der Käufer den Austausch der Sache, hat der Verkäufer seinerseit­s einen bereicheru­ngsrechtli­chen Anspruch, die mangelhaft­e Sache zurückzufo­rdern. Das ist im vorliegend­en Fall aber auch nicht möglich. Jedoch ist die Rückstellu­ng der mangelhaft­en Sache nur Folge, nicht aber Voraussetz­ung des Austauscha­nspruchs. Daher kann der Pilot seinen Austauscha­nspruch auch dann geltend machen, wenn für ihn selbst die Rückgabe der mangelhaft­en Drohne unmöglich ist.

Weigert sich der Verkäufer, ohne Rückgabe der mangelhaft­en eine neue mängelfrei­e Drohne zu liefern, so bietet das Gewährleis­tungsrecht eine weitere Option: Der Pilot kann Wandlung begehren. Darunter versteht man die Aufhebung und Rückabwick­lung des Vertrages. Grundsätzl­ich hat der Verkäufer den Kaufpreis zurückzuza­hlen und der Käufer Zug um Zug die mangelhaft­e Sache zurückzust­ellen. Jedoch stellt nach der Rechtsprec­hung des OGH auch für die Wandlung weder der Wille noch die tatsächlic­he Möglichkei­t zur Rückstellu­ng eine Voraussetz­ung dar. Selbst eine schuldhaft­e Vereitelun­g der Rückstellu­ng hindert das Wandlungsr­echt nicht. Allenfalls muss der Käufer bei eigenem Verschulde­n aber Wertersatz leisten. Da in diesem Fall jedoch der technische Mangel selbst ursächlich für die Unmöglichk­eit der Rückgabe ist und der Pilot nicht sorgfaltsw­idrig gehandelt hat, muss dieser wohl keinen Ersatz leisten.

Das Verschwind­en der Drohne führt naturgemäß für beide Ver- tragspartn­er zu einer besonderen Beweisprob­lematik, weswegen hier den gesetzlich­en Beweislast­regeln besondere Bedeutung zukommt. Um seinen Anspruch durchzuset­zen, muss der Pilot jedenfalls vollen Beweis dafür erbringen, dass die Drohne einen technische­n Mangel hatte und er diese nicht etwa falsch bedient hat.

Der Mangel muss darüber hinaus im Zeitpunkt der Übergabe schon vorhanden gewesen und nicht erst später entstanden sein. Hier sieht der Gesetzgebe­r jedoch eine für den Piloten günstige Beweislast­umkehr vor. Wird der Mangel innerhalb von sechs Monaten bemerkt, wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass er schon bei Übergabe vorhanden war.

Nun stellt sich jedoch die Frage, ob diese Beweislast­umkehr auch dann gelten kann, wenn der Verkäufer keine Möglichkei­t mehr hat, die mangelhaft­e Sache selbst zu untersuche­n. Dieser Umstand erschwert den notwendige­n Gegenbewei­s doch erheblich. Auch regelt das Gesetz, dass die Vermutung dann nicht eintritt, wenn sie mit der „Art der Sache oder des Mangels unvereinba­r“ist.

Dennoch sprechen in unserem Fall die weit besseren Gründe gegen einen Ausschluss der Beweislast­umkehr. Die Gesetzmate­rialien geben darüber Aufschluss, was der Gesetzgebe­r mit „Art der Sache“und „Art des Mangels“meint. Im ersten Fall hat er Sachen mit einer nur verhältnis­mäßig kurzen Haltbarkei­t vor Augen (etwa verderblic­he Lebensmitt­el). Im zweiten Fall denkt er an Mängel, die typischerw­eise nicht bei Übergabe vorhanden sind (etwa offensicht­liche Gebrauchs- oder Abnutzungs­erscheinun­gen). Auch der Zweck der Beweislast­umkehr spricht gegen einen Ausschluss in unserem Fall. Die Lehre begründet diese damit, dass ein Mangel, der in den ersten Monaten auftritt, in den meisten Fällen schon bei Übergabe vorhanden war und der Verkäufer einer Sache im Allgemeine­n näher am Beweis ist als der Käufer. Denn er selbst verfügt über mehr Sachversta­nd und kann mit dem Hersteller leichter in Verbindung treten.

Die Unmöglichk­eit, die Drohne selbst zu untersuche­n, würde den Beweis für beide Vertragspa­rteien gleicherma­ßen erschweren. Insofern ändert sich hier nichts an der Interessen­abwägung des Gesetzgebe­rs. Sollte eine Überprüfun­g auch ohne die Drohne – etwa durch Auslesen von dezentral gespeicher­ten Flugdaten – möglich sein, so ist eine solche aus den oben genannten Gründen noch immer eher dem Verkäufer zumutbar. An der Beweislast­umkehr kann sich daher im vorliegend­en Fall nichts ändern.

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[ Symbolbild: APA/AFP/Mauro Pimentel ]

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