Drohne weg, Gewährleistungsproblem da
Mangelhafte Ware. Versagt bei einem Fluggerät die Steuerung, sodass es auf Nimmerwiedersehen davonfliegt, ergeben sich sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer ernste Beweisprobleme. Rechtlich ist der Fall trotzdem lösbar.
Schon viel wurde dazu publiziert, welche Pflichten der Pilot eines ferngesteuerten unbemannten Luftfahrzeuges (Drohne) hat. Dieser muss unter anderem nach dem Luftfahrtgesetz Bewilligungen bei der Austro Control einholen, sollte sich um eine gute Haftpflichtversicherung bemühen und muss sich darum sorgen, keine Eigentums- oder Persönlichkeitsrechte Dritter zu verletzen. Die Inbetriebnahme einer Drohne sei also wohlüberlegt und vorbereitet. Wenig hört man hingegen über die Rechte der Hobbypiloten, die jedoch angesichts deren wachsender Zahl ebenfalls einer Betrachtung wert sind. Als Ausgangspunkt soll ein wahrer Sachverhalt dienen.
Die frisch vom österreichischen Händler bezogene französische Drohne wird nach ersten IndoorFlugübungen für ihren Jungfernflug im Freien startklar gemacht. Schon beim Start versagt die Technik. Die Drohne lässt sich nicht mehr steuern und fliegt trotz aller technischen Begrenzungen der Flughöhe und -weite unkontrolliert davon. Der Pilot sieht seine Drohne nie wieder. Welche Möglichkeiten bietet die österreichische Rechtsordnung, ihm zu helfen?
Grundsätzlich haftet der Verkäufer einer Sache gegenüber seinem Vertragspartner verschuldensunabhängig dafür, dass die von ihm verkaufte Sache im Zeitpunkt der Übergabe mängelfrei ist. Die kontrollierte Fernsteuerung einer Drohne zählt zu deren gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften. Daher kann ein Fehler in der Technik, der eben dies verhindert, zweifelsfrei als Mangel qualifiziert werden. Der Umstand, dass der Pilot in diesem Fall nicht mehr im Besitz seiner Drohne ist, wirft jedoch einige gewährleistungsrechtliche Fragen auf.
Primär stehen dem Käufer einer mangelhaften Sache zwei Behelfe zur Auswahl: Er kann entweder Verbesserung, also die Behe- bung des Mangels, oder Austausch der mangelhaften gegen eine gleiche mängelfreie Sache fordern. Verbesserung scheidet in diesem Fall aber jedenfalls schon einmal aus faktischen Gründen aus. Fordert der Käufer den Austausch der Sache, hat der Verkäufer seinerseits einen bereicherungsrechtlichen Anspruch, die mangelhafte Sache zurückzufordern. Das ist im vorliegenden Fall aber auch nicht möglich. Jedoch ist die Rückstellung der mangelhaften Sache nur Folge, nicht aber Voraussetzung des Austauschanspruchs. Daher kann der Pilot seinen Austauschanspruch auch dann geltend machen, wenn für ihn selbst die Rückgabe der mangelhaften Drohne unmöglich ist.
Weigert sich der Verkäufer, ohne Rückgabe der mangelhaften eine neue mängelfreie Drohne zu liefern, so bietet das Gewährleistungsrecht eine weitere Option: Der Pilot kann Wandlung begehren. Darunter versteht man die Aufhebung und Rückabwicklung des Vertrages. Grundsätzlich hat der Verkäufer den Kaufpreis zurückzuzahlen und der Käufer Zug um Zug die mangelhafte Sache zurückzustellen. Jedoch stellt nach der Rechtsprechung des OGH auch für die Wandlung weder der Wille noch die tatsächliche Möglichkeit zur Rückstellung eine Voraussetzung dar. Selbst eine schuldhafte Vereitelung der Rückstellung hindert das Wandlungsrecht nicht. Allenfalls muss der Käufer bei eigenem Verschulden aber Wertersatz leisten. Da in diesem Fall jedoch der technische Mangel selbst ursächlich für die Unmöglichkeit der Rückgabe ist und der Pilot nicht sorgfaltswidrig gehandelt hat, muss dieser wohl keinen Ersatz leisten.
Das Verschwinden der Drohne führt naturgemäß für beide Ver- tragspartner zu einer besonderen Beweisproblematik, weswegen hier den gesetzlichen Beweislastregeln besondere Bedeutung zukommt. Um seinen Anspruch durchzusetzen, muss der Pilot jedenfalls vollen Beweis dafür erbringen, dass die Drohne einen technischen Mangel hatte und er diese nicht etwa falsch bedient hat.
Der Mangel muss darüber hinaus im Zeitpunkt der Übergabe schon vorhanden gewesen und nicht erst später entstanden sein. Hier sieht der Gesetzgeber jedoch eine für den Piloten günstige Beweislastumkehr vor. Wird der Mangel innerhalb von sechs Monaten bemerkt, wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass er schon bei Übergabe vorhanden war.
Nun stellt sich jedoch die Frage, ob diese Beweislastumkehr auch dann gelten kann, wenn der Verkäufer keine Möglichkeit mehr hat, die mangelhafte Sache selbst zu untersuchen. Dieser Umstand erschwert den notwendigen Gegenbeweis doch erheblich. Auch regelt das Gesetz, dass die Vermutung dann nicht eintritt, wenn sie mit der „Art der Sache oder des Mangels unvereinbar“ist.
Dennoch sprechen in unserem Fall die weit besseren Gründe gegen einen Ausschluss der Beweislastumkehr. Die Gesetzmaterialien geben darüber Aufschluss, was der Gesetzgeber mit „Art der Sache“und „Art des Mangels“meint. Im ersten Fall hat er Sachen mit einer nur verhältnismäßig kurzen Haltbarkeit vor Augen (etwa verderbliche Lebensmittel). Im zweiten Fall denkt er an Mängel, die typischerweise nicht bei Übergabe vorhanden sind (etwa offensichtliche Gebrauchs- oder Abnutzungserscheinungen). Auch der Zweck der Beweislastumkehr spricht gegen einen Ausschluss in unserem Fall. Die Lehre begründet diese damit, dass ein Mangel, der in den ersten Monaten auftritt, in den meisten Fällen schon bei Übergabe vorhanden war und der Verkäufer einer Sache im Allgemeinen näher am Beweis ist als der Käufer. Denn er selbst verfügt über mehr Sachverstand und kann mit dem Hersteller leichter in Verbindung treten.
Die Unmöglichkeit, die Drohne selbst zu untersuchen, würde den Beweis für beide Vertragsparteien gleichermaßen erschweren. Insofern ändert sich hier nichts an der Interessenabwägung des Gesetzgebers. Sollte eine Überprüfung auch ohne die Drohne – etwa durch Auslesen von dezentral gespeicherten Flugdaten – möglich sein, so ist eine solche aus den oben genannten Gründen noch immer eher dem Verkäufer zumutbar. An der Beweislastumkehr kann sich daher im vorliegenden Fall nichts ändern.