„Werther“unter vokalem Hochdruck im Haus am Ring
Massenet nicht ganz wie geplant, aber mit Sophie Koch in der Staatsoper.
Dmitry Korchaks Rollendebüt als Werther sollte es werden – wegen der Erkrankung des Tenors kam es am ersten Abend der Aufführungsserie zur Wiederbegegnung mit Stefano Secco, dessen hochexpressive Gestaltung von Massenets Antihelden sich ihren Weg zwischen Depression und Manie sucht – mit angenehm offenem Timbre, mühelos in den Höhen, doch hie und da gefährdet, in den von Fred´eric´ Chaslin entfachten Orchesterwogen unterzugehen; ein Hindernis für die freie Entfaltung gesanglicher Linien.
Die Sterbeszene gelang Secco dank schönen Mezzavoces feinfühlig. Sophie Koch, die Charlotte der aktuellen „Werther“-Serie, ließ nicht nur im Augenblick ihres späten Liebesgeständnisses hören, wie musikalische Emotionen in eine durchgängige Linie zu binden sind. Fesselnd Kochs stilistisch strenge Gestaltung der schlichten jungen Frau, der das Leben einen dicken Strich durch die Rechnung macht. Kochs Charakterporträt harmoniert unter Verzicht auf jegliche Manierismen ideal mit der dramatischen Kraft ihrer Stimme und kulminiert in der Arie im dritten Akt: höchste vokale Intensität macht die wenigen Momente vergessen, die Kochs Mezzo zu tief zu liegen scheinen.
Ein Rollendebüt feierte Clemens Unterreiner, der die dunklen Seiten des braven Albert ein wenig übertrieben hervorkehrte, aber mit hellem Timbre die Wandlung des liebenden Mannes zur kaum mehr zu bändigenden Eifersucht nachdrücklich gestaltete.
Köstlich Maria Nazarovas Sophie als von emotionalen Hochs und Tiefs gebeutelter Teenager, solide alle Nebenrollen. Vorstellungen am 25. und 28. 9. (-tt)