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Notizbücher werden immer schöner. Doch die Seiten bleiben oft weiß.
Nach
dem kurzen gemeinsamen Mittagessen gehen wir leicht ratlos, aber bestens unterhalten auseinander. Nach dem wahllosen Austausch von Themen mit geringer Dringlichkeit hat jeder das Gefühl, irgendwie bereichert worden zu sein. Etwa um das Wissen, dass es hart war, als Linkshänder im kommunistischen Osteuropa aufzuwachsen (es gab keine geeigneten Schreibgeräte). Oder dass es absurd ist, einen Pilgerweg mit einem Laptop im Gepäck anzutreten. Und, der wissenschaftliche Fakt zum Tag, dass Menschen, die wenig mit der Hand schreiben, hirnmäßig abbauen.
Es ist ein seltsames Phänomen: Während das Angebot an Notizbüchern in Papierfachgeschäften beständig wächst, dürfte der Drang, die schönen Bücher zu besitzen, größer sein, als sie auch zu benützen. Vielleicht schreckt auch gerade ihre Hochwertigkeit – feinstes Papier, edle Einbände – davor ab, sie für ihren ursprünglichen Zweck zu benützen, im Alltag, spontan, für unmittelbare Gedanken. Die tippt man offenbar lieber ins Handy oder nimmt sich vor, sie später aufzuschreiben. Was oft nicht geschieht.
Es ist aber nicht der Verlust der Gedanken, der das Hirn schwächt, sondern die fehlende mechanische Bewegung des Schreibens und die schwindende Räumlichkeit. Wer wenig schreibt, wird auch ein wenig sperrig, was die Handschrift so beeinträchtigen kann, dass man sie irgendwann selbst nicht mehr lesen kann.
Volksschüler lernen weiterhin makellose Kringel und die Bedeutung einer schönen Schreibschrift, bei der schon Millimeter über Plus oder Minus entscheiden. Danach trennen sich die Wege, und auch die Buchstaben entwickeln endlich freigelassen ein Eigenleben, bald gleicht keine Schrift mehr der anderen. Auch die schlimmste Klaue hat Charakter. Dessen Verlust ist der größere als die paar Hirnzellen.