Würde jemand den Moskitos nachweinen?
Gentechnik rückt die Ausrottung der Malaria bzw. ihrer Überträger näher. Nun wird deren Ökologie erkundet.
Wenn das Gesirre die Nerven tötet, möchte man ihm gern ein Ende bereiten, mit einem Schlag, und das nicht nur bei uns, wo Gelsen Gastgärten leer fegen, sondern vor allem dort, wo Moskitos Leben gefährden, mit Malaria: 216 Millionen Fälle hat die Weltgesundheitsorganisation WHO 2016 bilanziert, 450.000 endeten tödlich, 80 Prozent davon im Afrika südlich der Sahara, oft traf es Kinder.
Impfstoffe gibt es nicht, Medikamente werden wirkungslos, die Abwehr konzentriert sich darauf, die Überträger in Grenzen zu halten. In den 1950er-Jahren ging die WHO ans Ausrotten, mit DDT. Aber dann zeigte dieses Insektizid seine Schattenseiten, Rachel Carson schilderte sie in „Silent Spring“, es war das Ende der Ausrottungskampagne und der Beginn der Bewegung der Grünen, die einige Vorsicht in Eingriffe in die Natur brachte. Heute zeichnet sich die Perspektive der Ausrottung wieder ab, nicht durch harte Chemie, die Schäden sonder Zahl anrichten kann, sondern durch Gentechnik, die die Moskitos in den Tod treibt, nur sie.
Theoretisch öffnete sich der Weg, als man 2014 merkte, dass man mit der Methode Crispr „gene drive“betreiben, das heißt Fremdgene rasch in Populationen verbreiten kann. Nun hat Andrea Crisanti (London) gezeigt, dass das auch in der Praxis geht, zumindest des Labors: Dort baute er ein Unfruchtbarkeitsgen ein, die Moskitos waren nach wenigen Generationen weg (Nature Biotechnology 24. 9.). Damit stellt sich jetzt im Ernst die Frage, die Nature vor Jahren eher spielerisch an Experten richtete: Sollte man Moskitos ausrotten, wenn man es könnte? Die Antwort war ein einhelliges Ja: „Die Welt wäre sicherer für uns“, beschied etwa Carlos Marcondondes, Entomologe der Universidad de Parana´ (466, S. 432).
Für uns. Und für die Natur bzw. Umwelt? Sind Moskitos denn zu gar nichts nütze? Sie dienen vielen als Futter, Fische machen sich über Larven her, Libellen über Insekten. Aber kein Tier ist auf sie spezialisiert, und bei Pflanzen ist es auch so, keine wird ausschließlich von Moskitos bestäubt: Auch sonst hat Tilly Collins in der jüngsten Bilanz keine Einwände gegen das Ausrotten gefunden (Medical and Veterinary Entomology 12327).
Allerdings wurde die ökologische Rolle der Moskitos bisher kaum systematisch erkundet. Das will ein Verfechter der Ausrottung, Charles Godfray (Oxford), nun vier Jahre lang in Ghana nachholen, im Rahmen des von der Gates-Stiftung finanzierten Projects „Target Malaria“.