Journalist Kuciak wurde für 70.000 Euro ermordet
Slowakei. Ein halbes Jahr nach der Ermordung des Aufdeckerjournalisten und seiner Verlobten gab die Polizei Ermittlungsergebnisse bekannt und lüftete die Identität von vier Verdächtigen. Doch die wichtigste Frage bleibt offen.
Der Doppelmord an einem Investigativjournalisten und seiner Verlobten, der die Slowakei in eine Krise gestürzt hatte, war eine bezahlte Auftragstat. Davon zeigten sich Polizei und Staatsanwaltschaft gestern in einer Pressekonferenz in Bratislava überzeugt.
Generalstaatsanwalt Jarom´ır Cˇizˇna´r als oberster Ankläger der Slowakischen Republik und Polizeipräsident Milan Lucanskˇy´ ließen gemeinsam mit weiteren Polizei- und Anklagevertretern keinen Zweifel daran, dass sie die derzeit in Haft sitzenden drei Männer und eine Frau für die wirklichen Täter halten: „Die Beweise sind stark“, sagte Cˇizˇna´r. Und Lucˇansky´ ergänzte, man habe bei Hausdurchsuchungen an den Wohnsitzen der Verhafteten neben mehreren in Zusammenhang mit dem Mord verwendeten Mobiltelefonen auch Munition beschlagnahmt, die mit jener der Mordtat übereinstimme.
Der Journalist Jan´ Kuciak und seine Verlobte, Martina Kusnˇ´ırova,´ waren am 21. Februar in ihrem Haus in der Westslowakei erschossen worden. Kuciak hatte zuvor über die Verfilzung von Politik und Geschäftemacherei recherchiert. Seine unvollendete Reportage über mögliche Verbindungen italienischer Mafia-Clans zu slowakischen Regierungsmitarbeitern wurde erst nach seinem Tod veröffentlicht. Sie löste Massendemonstrationen gegen Korruption und den Missbrauch von EU-Förderungen aus. Als Folge der Proteste traten die Regierung des Sozialdemokraten Robert Fico und der damalige Polizeipräsident zurück.
Nachdem es gut ein halbes Jahr immer wieder öffentliche Kritik gegeben hatte, dass die Ermittler im Dunkeln zu tappen schie- nen, zeigten sich Polizeipräsident und Ankläger nun triumphierend, als sie die Fakten präsentierten. Demnach soll es sich bei dem am Donnerstag im südslowakischen Kolarovo´ verhafteten Ex-Polizisten Tomas Sz. um den Mörder handeln, der allein die tödlichen Schüsse auf das junge Paar abgegeben hatte. Miroslav M., nach Medieninformationen ein Cousin des Ersteren, soll als Fahrer und Zoltan A. als Verbindungsmann zur Auftraggeberin fungiert haben.
Persönlich bestellt und bezahlt habe den Mord die ItalienischÜbersetzerin Alena Z., die in der Grenzstadt Komarno´ verhaftet wurde. 70.000 Euro habe sie dafür bezahlt, davon 50.000 in bar und 20.000 als Erlass früherer Schulden, die Verbindungsmann Zoltan A. bei ihr gehabt haben soll. Das größte Rätsel bleibt aber, wer die geheimnisvolle Frau wohl vorgeschickt haben mag, die auf Polizeivideos zu sehen war, wie sie sich widerstrebend zum Haftrichter in ein Gerichtsgebäude zerren ließ.
Ihr selbst als Dolmetscherin trauen die Ankläger und erst recht Medien weder ein ausreichendes Motiv noch genügend Geld für die Finanzierung eines Auftragsmordes zu. Journalisten meinten, ein angebliches Naheverhältnis von Alena Z. zum derzeit wegen eines Betrugsverdachts im Gefängnis sitzenden Unternehmer Marian´ Kocnerˇ aufgedeckt zu haben, über dessen zweifelhafte Geschäfte der ermordete Kuciak eine ganze Serie von Artikeln geschrieben hatte.
Es gebe keine Indizien, die eine intensive Beschäftigung mit Kocnerˇ sinnvoll erscheinen ließen, kontern Ermittler. Fragen, wer stattdessen hinter der 44-Jährigen stecken könnte, beantworteten sie nicht.