OP-Papiere: Ruf nach Konsequenzen
AKH. Patientenanwältin Sigrid Pilz fordert, dass das AKH Patientinnen, die von den gefälschten OP-Protokollen betroffen sind, informiert – und auch eine Neuregelung der Nebenbeschäftigung.
Wien. Es ist ein Fall, der wie so oft zu Lasten der Patienten geht – oder in diesem Fall der Patientinnen, handelte es sich doch um Operationen auf der Mammachirurgie, also Brustkrebspatientinnen. Wie „Die Presse“berichtete, soll ein im AKH tätiger Chirurg zwar auf Operationsprotokollen vermerkt worden sein, allerdings selbst nicht die Operation durchgeführt haben, sondern diese stattdessen ein Kollege übernommen haben. Er selbst soll währenddessen in einer Privatklinik operiert haben.
Wie berichtet ist eine Sonderkommission mit der Aufklärung des Falls beauftragt. Es soll sich um mehrere Dutzend Fälle handeln, das Problem soll bereits mehrere Jahre bestanden haben. Die Frage ist angesichts des langen Zeitraums allerdings, ob die (Kassen)Patientinnen überhaupt wussten, wer sie operiert hat und wer sie operieren hätte sollen. „Es sind viele Fragen offen: Was haben die Patientinnen gewusst, wie wurden sie informiert? Es kann ja auch sein, dass die Patientin gar nicht nachgefragt hat, wer sie operiert hat“, sagt Patientenanwältin Sigrid Pilz am Montag der „Presse“. Sie fordert nicht nur eine lückenlose Aufklärung des Falles, inklusive allfälliger dienstrechtlicher Konsequenzen. „Ich haben dem Rektor des AKHs und dem KAV (Krankenanstaltenverbund, Anm.) ersucht, die betroffenen Patientinnen zu informieren. Und auch, dass sie ihnen mitteilen, dass sie sich an die Patientenanwaltschaft wenden können. Wir prüfen die Fälle kostenlos und unabhängig“, sagt Pilz.
Frage nach interner Kontrolle
Sie wirft auch die Frage auf, wieso es kein internes Kontrollsystem gegeben hat, das diese Doppelgleisigkeit verhindert hätte. Immerhin muss das Team, das die Operation durchgeführt und auch das OPProtokoll unterschrieben hat, gewusst haben, wer operiert und wer eben nicht. „Hat das vielleicht mit internen Hierarchien zu tun? All das muss man sich anschauen.“
Pilz kann sich an einen ähnlichen Fall erinnern, der vor rund fünf Jahren ebenfalls im AKH vorgefallen sei. Damals war ein leitender Arzt als diensthabender Arzt eingetragen, allerdings war er für den Turnusarzt weder persönlich, per Telefon noch mit internem Piepserl erreichbar. Er hätte ihn aber in einem akuten Fall gebraucht. „Es war belegt, dass er nicht im Haus war“, so Pilz. Der Patient sei damals verstorben, wobei unklar ist, was passiert wäre, wenn der Arzt auffindbar gewesen wäre. „Unverständlicherweise gab es damals keine disziplinäre Konsequenz für die ungerechtfertigte Abwesenheit.“Pilz fordert deshalb, dass ärztliche Nebenbeschäftigun- gen anders geregelt werden. „Die starke Tätigkeit außerhalb stößt bei mir nicht auf besondere Begeisterung. Es gibt nämlich die Möglichkeit Privatpatienten auch in öffentlichen Spitälern zu behandeln. Dies wird zu wenig genützt, weil die Ärzte hauptsächlich auf der Goldenen Meile rundherum operieren.“
Problem Privatpatienten
Bis zu 25 Prozent der Betten eines öffentlichen Spitals dürfen für Privatpersonen verwendet werden. Pilz fordert, dass, wenn Ärzte von öffentlichen Spitälern Privatpatienten betreuen, sie das im eigenen Haus und nicht mehr in Privatkliniken tun. Dann sei das Team greifbar. „Es steht die ganze Infrastruktur für den Notfall bereit und das Spital erhält seinen finanziellen Anteil.“In privaten gemeinnützigen Spitälern sei das bereits so geregelt. „Wer außerhalb behandeln will, muss sich das von der Direktion genehmigen lassen.“
Dass es abgesehen von dem aktuellen Fall im AKH auch in anderen Spitälern zu ähnlichen Unstimmigkeiten zwischen OP- und Pflegeprotokollen gibt, sei der Patientenanwältin „derzeit nicht bekannt“. Wie berichtet hat auch die Diskrepanz zwischen dem Namen des Operateurs auf dem OP-Protokoll und jenem des Operateurs auf dem Pflegeprotokoll, das im Anschluss an die Operation geführt wird, dazu geführt, dass man auf den Fall aufmerksam wurde. Ob es sich tatsächlich nur um bürokratische „Unachtsamkeit“, wie der betroffene Arzt gegenüber der „Presse“meinte, handelte bzw. was ihn dazu veranlasste, seinen Namen auf das Protokoll schreiben zu lassen, wird sich erst in den nächsten Tagen weisen.