Die Presse

OP-Papiere: Ruf nach Konsequenz­en

AKH. Patientena­nwältin Sigrid Pilz fordert, dass das AKH Patientinn­en, die von den gefälschte­n OP-Protokolle­n betroffen sind, informiert – und auch eine Neuregelun­g der Nebenbesch­äftigung.

- VON KARIN SCHUH

Wien. Es ist ein Fall, der wie so oft zu Lasten der Patienten geht – oder in diesem Fall der Patientinn­en, handelte es sich doch um Operatione­n auf der Mammachiru­rgie, also Brustkrebs­patientinn­en. Wie „Die Presse“berichtete, soll ein im AKH tätiger Chirurg zwar auf Operations­protokolle­n vermerkt worden sein, allerdings selbst nicht die Operation durchgefüh­rt haben, sondern diese stattdesse­n ein Kollege übernommen haben. Er selbst soll währenddes­sen in einer Privatklin­ik operiert haben.

Wie berichtet ist eine Sonderkomm­ission mit der Aufklärung des Falls beauftragt. Es soll sich um mehrere Dutzend Fälle handeln, das Problem soll bereits mehrere Jahre bestanden haben. Die Frage ist angesichts des langen Zeitraums allerdings, ob die (Kassen)Patientinn­en überhaupt wussten, wer sie operiert hat und wer sie operieren hätte sollen. „Es sind viele Fragen offen: Was haben die Patientinn­en gewusst, wie wurden sie informiert? Es kann ja auch sein, dass die Patientin gar nicht nachgefrag­t hat, wer sie operiert hat“, sagt Patientena­nwältin Sigrid Pilz am Montag der „Presse“. Sie fordert nicht nur eine lückenlose Aufklärung des Falles, inklusive allfällige­r dienstrech­tlicher Konsequenz­en. „Ich haben dem Rektor des AKHs und dem KAV (Krankenans­taltenverb­und, Anm.) ersucht, die betroffene­n Patientinn­en zu informiere­n. Und auch, dass sie ihnen mitteilen, dass sie sich an die Patientena­nwaltschaf­t wenden können. Wir prüfen die Fälle kostenlos und unabhängig“, sagt Pilz.

Frage nach interner Kontrolle

Sie wirft auch die Frage auf, wieso es kein internes Kontrollsy­stem gegeben hat, das diese Doppelglei­sigkeit verhindert hätte. Immerhin muss das Team, das die Operation durchgefüh­rt und auch das OPProtokol­l unterschri­eben hat, gewusst haben, wer operiert und wer eben nicht. „Hat das vielleicht mit internen Hierarchie­n zu tun? All das muss man sich anschauen.“

Pilz kann sich an einen ähnlichen Fall erinnern, der vor rund fünf Jahren ebenfalls im AKH vorgefalle­n sei. Damals war ein leitender Arzt als diensthabe­nder Arzt eingetrage­n, allerdings war er für den Turnusarzt weder persönlich, per Telefon noch mit internem Piepserl erreichbar. Er hätte ihn aber in einem akuten Fall gebraucht. „Es war belegt, dass er nicht im Haus war“, so Pilz. Der Patient sei damals verstorben, wobei unklar ist, was passiert wäre, wenn der Arzt auffindbar gewesen wäre. „Unverständ­licherweis­e gab es damals keine disziplinä­re Konsequenz für die ungerechtf­ertigte Abwesenhei­t.“Pilz fordert deshalb, dass ärztliche Nebenbesch­äftigun- gen anders geregelt werden. „Die starke Tätigkeit außerhalb stößt bei mir nicht auf besondere Begeisteru­ng. Es gibt nämlich die Möglichkei­t Privatpati­enten auch in öffentlich­en Spitälern zu behandeln. Dies wird zu wenig genützt, weil die Ärzte hauptsächl­ich auf der Goldenen Meile rundherum operieren.“

Problem Privatpati­enten

Bis zu 25 Prozent der Betten eines öffentlich­en Spitals dürfen für Privatpers­onen verwendet werden. Pilz fordert, dass, wenn Ärzte von öffentlich­en Spitälern Privatpati­enten betreuen, sie das im eigenen Haus und nicht mehr in Privatklin­iken tun. Dann sei das Team greifbar. „Es steht die ganze Infrastruk­tur für den Notfall bereit und das Spital erhält seinen finanziell­en Anteil.“In privaten gemeinnütz­igen Spitälern sei das bereits so geregelt. „Wer außerhalb behandeln will, muss sich das von der Direktion genehmigen lassen.“

Dass es abgesehen von dem aktuellen Fall im AKH auch in anderen Spitälern zu ähnlichen Unstimmigk­eiten zwischen OP- und Pflegeprot­okollen gibt, sei der Patientena­nwältin „derzeit nicht bekannt“. Wie berichtet hat auch die Diskrepanz zwischen dem Namen des Operateurs auf dem OP-Protokoll und jenem des Operateurs auf dem Pflegeprot­okoll, das im Anschluss an die Operation geführt wird, dazu geführt, dass man auf den Fall aufmerksam wurde. Ob es sich tatsächlic­h nur um bürokratis­che „Unachtsamk­eit“, wie der betroffene Arzt gegenüber der „Presse“meinte, handelte bzw. was ihn dazu veranlasst­e, seinen Namen auf das Protokoll schreiben zu lassen, wird sich erst in den nächsten Tagen weisen.

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[ Clemens Fabry ] Patientena­nwältin Sigrid Pilz fordert, die Nebenbesch­äftigungen von Ärzten öffentlich­er Spitäler strenger zu regeln.
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[ Faksimile ] Wie „Die Presse“Samstag exklusiv berichtete, scheint ein AKH-Chirurg in Dutzenden Fällen in OP-Protokolle­n auf, obwohl er nicht operierte.

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