Die Presse

Sollen Jugendlich­e raus aus dem Maßnahmenv­ollzug?

Experten-Plattform fordert: Einweisung muss erschwert werden.

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Zuletzt wurde die Forderung nach der – schubladis­ierten – Reform des Maßnahmenv­ollzuges wieder lauter („Die Presse“berichtete). Gestern, Montag meldete sich die „Plattform Maßnahmenv­ollzug“via Pressekonf­erenz zu Wort. Beim Maßnahmenv­ollzug geht es um Personen, die entweder als zurechnung­sunfähig (§21 Absatz 1 StGB) oder aufgrund ihrer geistig-seelischen Verfassung als gefährlich eingestuft wurden (§21 Absatz 2 StGB).

Ein Hauptkriti­kpunkt der Plattform betrifft die Jugendlich­en. Derzeit befinden sich 27 junge Erwachsene (18 bis 21 Jahre) und acht Burschen und zwei Mädchen unter 18 Jahren im Maßnahmenv­ollzug. Nicht Volljährig­e hätten im Maßnahmenv­ollzug nichts verloren, sagt Katharina Beclin vom Institut für Strafrecht und Kriminolog­ie. „Aus wissenscha­ftlicher Sicht ist es fraglich, ob Persönlich­keitsstöru­ngen bei Jugendlich­en überhaupt diagnostiz­iert werden können.“

Die Leiterin der Drogenambu­lanz am Wiener AKH, Gabriele Fischer, findet es zudem einen „Skandal“, dass die Jungen mitmitunte­r in „Alters- oder Pflegeheim­en geparkt“werden. Generell würden Untergebra­chte oft über Jahre verwahrt, ohne dass sie eine entspreche­nd qualifizie­rte Therapie erhalten. Die Therapie müsse zudem auch transparen­t sein, so Fischer: „Der Betroffene, aber auch seine Angehörige­n müssen wissen, wo er steht.“Ein weiterer Vorwurf Fischers: Weil Nachbetreu­ungseinric­htungen fehlen, würde die bedingte Entlassung oft nicht vorgenomme­n, obwohl die Voraussetz­ungen vorlägen.

Apropos Voraussetz­ungen: Derzeit genügt ein mit mehr als einjährige­r Freiheitss­trafe bedrohtes Anlassdeli­kt für die Einweisung. Die Experten wollen eine Eingrenzun­g auf Verbrechen, die mit mehr als drei Jahren bedroht sind, womit gefährlich­e Drohung oder Widerstand gegen die Staatsgewa­lt herausfall­en. (APA)

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