Die Presse

Es lebt sich gut, wenn andere das Geld „aufstellen“

Austroföde­ralismus pur: Gemeinden wehren sich gegen Finanzauto­nomie.

- Josef.urschitz@diepresse.com

D er Präsident der Industriel­lenvereini­gung hat neulich im „Presse“-Interview gemeint, vor der dringend notwendige­n Föderalism­usreform möge man sich einmal darüber klar werden, was man denn wolle: Ein föderales System a` la Schweiz oder Zentralism­us. Was gar nicht gehe, sei das praktizier­te sehr teure und ineffizien­te Mischsyste­m.

Das sehen manche anders: Der Gemeindebu­ndpräsiden­t hat jüngst gemeint, die Gemeinden wollten gar keine größere Steuerauto­nomie. Das würde nur zu Konkurrenz unter den Kommunen führen.

Igitt! Konkurrenz! Weiß doch jeder, dass das nur Unruhe bringt! Ist doch viel besser, wenn einer (der Bund) die Steuern einhebt und andere diese ausgeben, ohne darüber viel Rechenscha­ft ablegen zu müssen.

Vielsagend ist auch eine neue Studie des Fiskalrats über das heimische Förderwese­n. Das wenig überrasche­nde Ergebnis: In Österreich machen die Förderunge­n mehr als 20 Mrd. Euro aus. Wie viel davon etwa durch Beseitigun­g von Doppelglei­sigkeiten eingespart werden könnte, weiß man aber nicht. Denn im Förderwese­n von Bund, Ländern und Gemeinden herrscht tiefste Intranspar­enz, und bei der Wirkungsor­ientierung hapert es auch. Es wird ja nicht überprüft, ob eine Förderung ihren Zweck (so dieser überhaupt definiert ist) erfüllt. Gewollter finanziell­er Blindflug also.

Der Fiskalrat, ein Organ der Republik, empfiehlt eine Aufwertung der Transparen­zdatenbank, um mehr Licht ins föderale Dunkel zu bringen. Geschenkt! Die Datenbank wird von den meisten Ländern und Gemeinden seit acht Jahren unter windigen Vorwänden bewusst entweder sehr lückenhaft oder gar nicht befüllt. Man

will also das vom Bund eingenomme­ne Steuergeld weiter nach Gutsherren­art ausgeben und hält von Selbstvera­ntwortung, Kontrolle und Wirkungsor­ientierung rein gar nichts. Unter solchen Umständen lässt sich echter Föderalism­us a` la Schweiz nicht realisiere­n. Die Herrschaft­en wollen das, siehe den um Entmündigu­ng geradezu bettelnden Gemeindebu­nd, auch gar nicht. Die Frage, in welche Richtung es gehen soll, beantworte­t sich damit von selbst.

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