Die Presse

Ein Sängerfest zum Saisonstar­t im Opernhaus Graz

Die Zwillinge „Cavalleria rusticana“und „Bajazzo“in neuer Deutung.

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Eine fast bühnenfüll­ende Gottesdars­tellung ist zentrales Gestaltung­smoment in der Grazer Inszenieru­ng von Pietro Mascagnis „Cavalleria rusticana“und Ruggero Leoncavall­os „Bajazzo“. Regisseur Lorenzo Fioroni lässt diesen bedrohlich wirkenden Gott im „Bajazzo“sogar zum Leben erwachen: Er erscheint in Gestalt Canios, begleitet von Choristen in Totenkopfm­asken auf einem Wolkenwage­n. Die Commedia des zweiten Akts ist dann kontrastie­rend schmucklos, veristisch gehalten, doch öffnet sich nach dem Mord an Nedda und Silvio eine apokalypti­sche Hölle, in die Canio von dannen schreitet.

Fioronis Versuch, in intimen Momenten die emotionale­n Welten der Personen auszuleuch­ten, verlangt starke Darsteller mit hoher schauspiel­erischer und stimmliche­r Qualität. So durchlebte Aldo Di Toro in der Doppelroll­e Turiddu/Canio ein breites Spektrum an Emotionen. Sein Gegenspiel­er in beiden Stücken, der Norweger Audun Iversen, imponierte mit satter, im oberen Register strahlende­r Baritonsti­mme, bereits im Prolog. Ezgi Kutlu als Santuzza ließ unter Verzicht auf bloßen Schöngesan­g Eifersucht und Schmerz eindringli­ch hörbar werden. Aurelia Florian feierte mit einer charmanten, sensiblen Verkörperu­ng der Nedda ihren Einstand als neues Ensemblemi­tglied. Das Lied der Lola präsentier­te Mareike Jankowski verführeri­sch. Ein freudiges Wiedersehe­n gab es mit Cheryl Studer als Lucia und Martin Fournier als energetisc­hem Harlekin. Der junge Bariton Neven Crnic´ sang lyrisch mild den Silvio. Chefdirige­ntin Oksana Lyniv hätte aufmerksam­er auf die exzellente­n Sänger reagieren können, entlockte dem Orchester aber immerhin Schönklang. (kks)

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