Die Presse

Europarat stellt sich hinter Polens Justiz

Die von der Regierung genannten Gründe für den Umbau des Gerichtswe­sens seien irrelevant.

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Der Umbau des polnischen Justizwese­ns war eines der ersten Unterfange­n, mit dem die rechtsauto­ritäre Partei PiS vor drei Jahren ihre Regierungs­periode antrat. Mittlerwei­le liegen wesentlich­e Teile davon dem Gerichtsho­f der EU zur Entscheidu­ng vor, und die Europäisch­e Kommission sieht durch die seither durch den Sejm, das polnische Parlament, gepeitscht­en Novellen den Rechtsstaa­t derart gefährdet, dass sie erstmals ein Sanktionsv­erfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags eingeleite­t hat.

Polens Regierung versucht, dies mit einem sachlich klingenden Argument zu entkräften. Der Umbau des Justizwese­ns sei dringend erforderli­ch, um seine Effizienz zu erhöhen, heißt es in einem Weißbuch, mit dem sie bei den EU-Partnern argumentie­rt. Doch die führende europäisch­e Institutio­n zur Bewertung der Wirkungswe­ise nationaler Rechtssyst­eme entkräftet dieses Argument Warschaus. Die Europäisch­e Kommission für die Effizienz der Justiz (CEPEJ), ein Fachaussch­uss des Europarats in Straßburg, kann in ihrem am Donnerstag präsentier­ten Jahresberi­cht keine bemerkensw­erten systemisch­en Probleme der polnischen Gerichte feststelle­n. „Polens Gerichte kommen generell mit dem Fallaufkom­men zurecht“, sagte Ste-´ phane Leyenberge­r, der Vorsitzend­e dieses Juristengr­emiums, auf die Frage der „Presse“. „Global betrachtet ist die Situation in anderen Staaten wesentlich schlechter.“Lidija Naumovska, die leitende Statistike­rin des CEPEJ, pflichtete ihm bei: „Wir sehen kein großes Problem in der Effizienz des Justizsyst­ems.“Die Klärungsra­te lag seit 2010 bei erstinstan­zlichen zivilund handelsger­ichtlichen Sachen fast gleichauf mit jener Österreich­s und dem Durchschni­tt der Europarats­mitglieder. (GO)

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