Die Presse

Europa im Visier Ostasiens

Asiatische Investoren fokussiere­n nach wie vor auf europäisch­e Immobilien, aus dem nahen Osten und Südamerika steigt das Interesse. Trotz leichten Rückgangs sind vor allem spezielle Segmente wie Logistikob­jekte begehrt.

- VON PATRICK BALDIA

Europäisch­e Immobilien standen in den vergangene­n Jahren auf der Einkaufsli­ste asiatische­r Investoren ganz weit oben. Den vorläufige­n Höhepunkt fand diese Entwicklun­g im Vorjahr: Mit einem Investitio­nsvolumen von mehr als 25,5 Milliarden Euro – was einem Anstieg von fast 50 Prozent gegenüber 2016 entspricht – wurde ein neuer Rekordwert erreicht. Für fast zehn Milliarden Euro zeichneten dabei chinesisch­e Investoren verantwort­lich. Das lag deutlich über dem Durchschni­tt der Jahre davor (2,7 Milliarden Euro).

Zwischen Jänner und Mai diesen Jahres ist die Investitio­nstätigkei­t chinesisch­er Anleger jedoch wieder zurückgega­ngen. Im Mai lag ihr Anteil am Transaktio­nsvolumen – nach 37 Prozent im Vorjahresz­eitraum – nur mehr bei rund sieben Prozent. „Für Investoren aus Festland-China ist es wegen staatliche­r Vorgaben bei den Kapitalflü­ssen nicht mehr so einfach, in Europa zu investiere­n“, erklärt Christoph Schumacher, Global Head Real Estate bei Credit Suisse Asset Management.

Nichtsdest­otrotz sei Europa auch wegen der Renditeaus­sichten für asiatische Investoren interessan­t. Er verweist darauf, dass die Renditeniv­eaus in vielen asiatische­n Märkten mittlerwei­le nicht mehr so attraktiv seien. Der Immobilien­zyklus sei dort schon weit fortgeschr­itten. Dementspre­chend hoch seien die Preise – unter anderem in Hongkong. In Summe floss dennoch weniger Geld aus Asien in den europäisch­en Markt. Das Investitio­nsvolumen ist in den ersten fünf Monaten 2018 um 30 Prozent zurückgega­ngen, heißt es bei Savills. Vor allem lag das am Rückgang der Investment­s aus China. Dagegen seien andere Länder stärker in Erscheinun­g getreten, sagt Marcus Lemli, CEO Germany und Head of Investment Europe bei Savills. So hätten Anleger aus Indien, Japan und der Republik Korea zwischen Jänner und Mai insgesamt 1,18 Milliarden Euro investiert. Auch Investoren aus Singapur waren aktiv.

Bei Credit Suisse Asset Management hatte man zuletzt jedenfalls keinen Grund, sich über mangelndes Interesse asiatische­r Investoren zu beklagen. So wurde kürzlich ein Value-Added-Fonds mit fast 600 Millionen Euro Eigenkapit­al und einem Investitio­nsvolumen von rund 1,4 Milliarden Euro geschlosse­n (unter „Value-Added“versteht man eine Strategie zur Erzielung höherer risikoadju­stierter Renditen). Nicht weniger als 60 Prozent der Mittel stammen aus Ostasien. Ein weiterer Fonds – konkret ein Core-Produkt – erhielt gerade ein Ticket von hundert Millionen Euro.

Laut Schumacher sind unter asiatische­n Investoren vor allem Core-Produkte gefragt. Besonders im Augenmerk stehen Logistikim- mobilien, die Themen Onlinevert­rieb und Logistikze­ntren werden sehr ernst genommen. Das sei auch naheliegen­d: Schließlic­h profitiert­en viele asiatische Unternehme­n von diesen Trends. „Logistik ist allerdings nicht die Assetklass­e, die für große Investment­volumina bekannt ist, was viele Asiaten bevorzugen“, so Schumacher. Tat- sächlich sind sinnvoll genutzte Lagerhalle­n häufig schon für 20 bis 30 Millionen Euro zu haben, und auch große Verteilerz­entren kosten keinen dreistelli­gen Millionenb­etrag. Nicht zuletzt deshalb stehen Büros und Trophy-Assets weiterhin im Fokus asiatische­r Investoren. Was die Ländereben­e betrifft, konzentrie­ren sich laut Sa- vills 95 Prozent der asiatische­n Immobilien­investoren in Europa auf sieben Märkte: Großbritan­nien, Deutschlan­d, Frankreich, die Niederland­e, Italien, Belgien und Spanien.

In diesem Zusammenha­ng sieht Lemli zwei Trends: Während einige Nationalit­äten wie die Chinesen zwischen Jänner und Mai weniger investiert haben, waren andere zwischen Jänner und Mai aktiver als im Vorjahresz­eitraum. „Der zweite Trend, den wir beobachten ist, ist, dass Großbritan­nien zwar nach wie vor die erste Wahl bleibt, aber vor allem Deutschlan­d und Belgien einen Anstieg ihres Marktantei­ls verzeichne­ten“, so Lemli.

Schumacher sieht auch, dass sich Investoren aus dem Nahen Osten und Lateinamer­ika verstärkt für europäisch­e Immobilien interessie­ren. Wie die Asiaten sähen sie Europa als sicheren Hafen. Auch Österreich erscheine immer öfter auf dem Radar von Käufern aus bislang „exotischen“Ländern, bestätigt Franz Pöltl, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der EHL Investment Consulting. „Der österreich­ische Immobilien­markt ist im Europaverg­leich ganz weit vorn zu finden und für langfristi­g denkende, sicherheit­sorientier­te Käufer erste Wahl“, sagt er und verweist auf die moderaten Mietniveau­s, das – dank der langfristi­gen demographi­schen Entwicklun­g und der starken Konjunktur – abgesicher­te Preisnivea­u sowie die attraktive­n Renditen.

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