Was für Trump auf dem Spiel steht
Präsident und Republikaner bereiten sich intensiv auf die Kongresswahlen in einem Monat vor. Die Abstimmung ist der erste wichtige Test für Trump. Sie wird seine Präsidentschaft nachhaltig beeinflussen. US-Wahl.
New York. Klar ist nur eines: Das Resultat in exakt einem Monat wird für die weltmächtigste Nation und ihren Präsidenten richtungsweisend sein. Der Rest ist ungewiss. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Donald Trump nach den Wahlen fester als je zuvor im Sattel sitzen wird – und entsprechend noch selbstbewusster, noch aggressiver als bisher auftreten wird. Ebenso ist ein Machtverlust des Präsidenten möglich. Das könnte bis hin zur Einleitung eines Verfahrens zur Amtsenthebung reichen.
Seit Monaten herrscht in den USA Wahlkampf, und er wird sich in den kommenden Wochen noch intensivieren. Bei allem, was Trump tut, von seinen Drohgebärden in Richtung China und Europa bis hin zur Annäherung an Russlands Wladimir Putin oder Nordkoreas Kim Jong-un, hat er stets die Auswirkungen auf die Wählerschaft im Hinterkopf. Er weiß: Wenn die Amerikaner seine Republikaner abwählen, wird seine Arbeit erheblich erschwert. Mehr noch: Der anstehende Urnengang könnte den Anfang vom Ende der Präsidentschaft Trump bedeuten.
Auf dem Spiel stehen alle 435 Sitze im Abgeordnetenhaus und 35 der 100 Sitze im Senat. Seit den Midterm-Wahlen von 2014 halten die Konservativen in beiden Kammern die Mehrheit, seit dem überraschenden Sieg von Trump 2016 stellen sie auch den Präsidenten. Gemeinsam mit ihm können die Konservativen im Kongress de facto im Alleingang Gesetze beschließen, Höchstrichter ernennen und Handelsabkommen ratifizieren. Verliert Trumps Partei nun eine der Kammern, muss sie verstärkt um die Stimmen der Demokraten buhlen, um wichtige Vorhaben zu realisieren.
Was wird aus Obamacare und Mauer?
Gelingt es den Republikanern, beide Mehrheiten zu halten, wird es nur eine Frage von Tagen sein, bis eine Abschaffung von Obamacare erneut diskutiert wird. Das Prestigeprojekt von Trumps Vorgänger ist den Konservativen ein Dorn im Auge, im Vorjahr scheiterten sie an der Aufhebung wegen einer Stimme im Senat. Gewinnen die Demokraten, ist eine Reform des Gesundheitssystems für zwei Jahre vom Tisch. Oder die Grenzmauer zu Mexiko: Die Rufe nach ihr werden im Fall eines Wahlerfolgs der Republikaner lauter werden, im Fall einer Niederlage werden sie zumindest vorläufig verstummen.
Trump selbst steht nicht zur Wahl. Doch er tourt intensiver denn je als Wahlkämpfer durchs Land: Denn es ist auch eine Abstimmung über die ersten beiden Jahre seiner Präsidentschaft. Es ist nicht nur ein Votum zu Trumps bisheriger Politik, sondern auch eines zu seiner persönlichen Zukunft.
Mögliches Amtsenthebungsverfahren
Verlieren die Republikaner das Abgeordnetenhaus, wird ein Verfahren zur Amtsenthebung wahrscheinlicher. Das könnte dem Präsidenten blühen, wenn Sonderermittler Robert Mueller zu dem Schluss kommt, dass Trumps Kampagne von einer Einmischung Russlands in die Wahl 2016 wusste. Für die Einleitung ist im Haus eine einfache Mehrheit erforderlich. Eine Amtsenthebung ist zwar äußerst unwahrscheinlich – dafür wäre im Senat eine Zweidrittelmehrheit nötig –, aber selbst die Verfahrenseinleitung würde Trumps Hoffnungen auf eine Wiederwahl 2020 möglicherweise begraben.
Es ist schwer, ein Endresultat für die Wahl im November vorherzusagen. Auf den ersten Blick könnte man glauben, dass die Demokraten den Senat gewinnen, weil die Republikaner nur eine Mehrheit von 51 zu 49 halten. Allerdings sind von den 35 zur Wahl stehenden Sitzen 26 in der Hand der Liberalen, und davon wiederum gelten mehr als zehn als umstritten. Soll heißen: Es ist wahrscheinlicher, dass die Republikaner ihren Vorsprung im Senat halten oder ausbauen. Im Haus wiederum sind die meisten umstrittenen Sitze aktuell republikanisch. Ein Sieg der Demokraten ist möglich, die Wahrscheinlichkeit liegt bei über 50 Prozent.
Zugewinne für George W. Bush
Halten die Republikaner beide Kammern, wäre das ein Riesenerfolg für Trump, auch wenn seine Partei ziemlich sicher zumindest ein paar Sitze verlieren wird. Nur drei Mal in den vergangenen 150 Jahren konnte die Partei des Präsidenten dazugewinnen – zuletzt 2002 unter George W. Bush, als sich die Konservativen ein Jahr nach 9/11 die Mehrheit im Senat zurückholten und jene im Haus ausbauten. Barack Obamas Demokraten mussten bei beiden Midterm-Wahlen seiner Amtszeit schwere Verluste einstecken. 2010 verloren sie das Haus, 2014 auch den Senat.