Die Presse

Kampf um Amerikas Schlüssels­taaten

US-Wahl. In manchen Bundesstaa­ten und Wahlbezirk­en geht es um fast nichts, andere sind heiß umworben.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

New York. Nach der Sensation von 2016 fand die Expertensc­har viele Gründe, warum Donald Trump Präsident geworden war: Die Sorge um illegale Immigratio­n, der Aufstand gegen das Establishm­ent in Washington oder die angeblich fehlende Warmherzig­keit von Hillary Clinton. Mag schon stimmen, doch in der Tat gewann Trump auch deshalb, weil seine Kampagne genau wusste, auf welche Staaten sie sich zu konzentrie­ren hatte. Der damalige Immobilien­magnat fuhr einen strategisc­h einwandfre­ien Wahlkampf.

Florida, Pennsylvan­ia, Ohio, North Carolina, Michigan und Wisconsin gelten als die Staaten, die die Präsidente­nwahl entschiede­n haben. Trump besuchte sie in den 100 Tagen vor der Wahl 133 Mal, Clinton 87 Mal. Auch bei den anstehende­n Kongresswa­hlen ist es so: Lebt man in Manhattan, ist die Stimme praktisch wertlos. Sowohl die Abgeordnet­en als auch die Senatoren und der Gouverneur sind fest in demokratis­cher Hand. Lebt man im Süden Floridas, hat man ein gewichtige­s Wort mitzureden. Alle Posten sind umstritten, jede Stimme zählt.

Wenn die Amerikaner am 6. November ins Wahlbüro gehen, wählen sie 35 der 100 Senatoren sowie alle 435 Abgeordnet­en im Haus neu. Außerdem entscheide­n 36 der 50 Bundesstaa­ten über einen neuen Gouverneur. Die politische Landschaft der USA wird in einem Monat neu gezeichnet, für bestimmte Regionen gilt das jedoch deutlich mehr als für andere. Am Beispiel Floridas: Der demokratis­che Senator Bill Nelson steht zur Wiederwahl, herausgefo­rdert wird er vom aktuellen Gouverneur Rick Scott. Der Republikan­er ist ein politische­s Urgestein, nach zwei Perioden als Gouverneur darf er nicht mehr antreten und will nun in den Senat. Das Rennen ist knapp, ebenso wie jenes um mehrere Abgeordnet­enposten und jenes um die Nachfolge Scotts als Gouverneur.

Es ist nur ein Beispiel von vielen, übers ganze Land verteilt ringen Politiker in den sogenannte­n „Swing States“um Posten. Besonders knapp sind die Senatsrenn­en in North Dakota, Montana, Indiana, Arizona und Nevada. Eine Sensation könnte es in Texas geben, wo Ted Cruz zwar Favorit ist, der demokratis­che Herausford­erer, Beto O’Rourke, ihm aber das Leben schwer macht. Verliert Cruz, würde erstmals seit 1994 ein Liberaler Texas im Senat vertreten. Von den 36 Wahlen für den Job als Gouverneur gilt die Hälfte als unentschie­den – so auch in Iowa, wo Trump für nächste Woche einen Wahlkampfa­uftritt geplant hat.

Trump weiß, wo er auftreten muss

Selten zuvor war eine Wahl so offen wie nun. Das zeigt auch ein Blick auf das Repräsenta­ntenhaus. Derzeit stellen die Republikan­er 236 Mitglieder, die Demokraten 193, dazu kommen sechs unbesetzte Sitze. Rund 70 Rennen gelten als unentschie­den, vom zweiten Bezirk in Kansas über den zehnten Bezirk in Kalifornie­n bis hin zum dritten in West Virginia. Dieser Bundesstaa­t wählt auch einen Senator neu. Trump war vergangene Woche zu Besuch. Er weiß ganz genau, wo er wahlkämpfe­n muss – und wo nicht.

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