US-Politologin Meena Bose im Interview
Interview. US-Politologin Meena Bose erklärt, warum bei den US-Kongresswahlen im November die Wirtschaft Hauptthema sein wird, aber ebenso der polarisierende Präsident. Und warum sich keiner traut, Prognosen zu stellen.
Die Presse: Kann man nach der US-Präsidentschaftswahl von 2016 und dem überraschenden Sieg Donald Trumps noch ein Wahlergebnis in den USA voraussagen? Meena Bose: Davor würde ich mich hüten. Ich kann mich noch gut an 2016 erinnern. Jemand fragte mich zwei Monate vor der Wahl, was passieren würde, wenn Trump in Pennsylvania (einer der wichtigsten Staaten mit unklarem Ausgang, Anm.) gewinnt. Alles deutete auf die Demokratin Hillary Clinton hin, sie lag neun Prozentpunkte voran. Trump gewann Pennsylvania und die gesamte Wahl. Trump hat uns dazu gebracht, sämtliche Prognosen zu hinterfragen.
Der Präsident bezeichnet die nun anstehenden Kongresswahlen als die „wichtigsten der Geschichte“. Welche Faktoren werden für die Wähler entscheidend sein? Für den US-amerikanischen Wähler zählt die Wirtschaft traditionell am meisten. Ab- gesehen davon darf man den polarisierenden Präsidenten nicht vergessen. Bei Kongresswahlen geht es normalerweise verhältnismäßig stark um individuelle Kandidaten in Wahlbezirken. Dieses Mal zählt für viele Wähler mehr als sonst, ob sich die Kandidaten für oder gegen Trump aussprechen.
Ist es für die regionalen republikanischen Kandidaten tendenziell vorteilhaft, sich vehement auf Trumps Seite zu schlagen? Darauf gibt es keine klare Antwort. In den Vorwahlen konnten wir beide Phänomene beobachten: Kandidaten, die sich demonstrativ hinter Trump stellten und deshalb gewannen. Andere wiederum, die der Präsident unterstützte, verloren. Das macht diese Wahl so kompliziert, deshalb ist es so schwer, ein Ergebnis vorherzusagen.
Die US-Wirtschaft läuft jedenfalls gut. Wenn das tatsächlich entscheidend ist, müsste das für Trump und die Republikaner sprechen. Die Konservativen hoffen auf jeden Fall darauf. Sie stellen die Steuerreform als großen politischen Erfolg dar und verweisen auf ein Wirtschaftswachstum von zuletzt vier Prozent. Auch wenn die langfristigen Folgen der Reform noch unklar sind, momentan sieht es gut aus, und das könnte für viele Wähler durchaus entscheidend sein. Deshalb konzentrieren sich auch viele republikanische Kandidaten auf die Wirtschaft, vor allem in den sogenannten Swing States.
Glauben Sie daran, dass die Republikaner ihre Mehrheiten halten werden? Wenn ich das wüsste. So gut wie sicher ist aber, dass die Demokraten insgesamt Zugewinne verbuchen werden. Historisch betrachtet war es fast immer so, dass die Partei des Präsidenten in den Midterm-Wahlen an Boden verliert. Wenn das dieses Mal anders käme, wäre das eine noch größere Sensation als der Sieg von Trump 2016.