Die Presse

Verletzten Hauptzeuge­n das Amtsgeheim­nis?

BVT. Die Razzia fußt auf vier Zeugenauss­agen. Ob diese hätten verwendet werden dürfen, ist fraglich.

- VON ANNA THALHAMMER

Wer in Österreich Beamter sein will, der bekommt bei Dienstantr­itt einen staatliche­n Maulkorb. Amtsversch­wiegenheit heißt das. Und die gilt auch, wenn man zur Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) für eine Zeugeneinv­ernahme zitiert wird. Außer, der Dienstgebe­r entbindet von eben genau dieser.

Ob das im Fall der vier Hauptbelas­tungszeuge­n in der BVT-Causa passiert ist, ist fraglich. Es deutet einiges darauf hin, dass dies nicht der Fall gewesen sein könnte. Würde sich das bewahrheit­en, hätten sich die Befragten einerseits strafbar gemacht, anderersei­ts dürften ihre Aussagen wohl nicht verwendet werden. Schon gar nicht als Begründung für eine Razzia.

Aber von vorn: Die Ermittlung­en gegen die BVT-Beamten basieren auf einem anonymen Pamphlet, das Vorwürfe gegen hochrangig­e Beamte der Exekutive und des damals ÖVP-geführten Innenminis­teriums enthält. Dieses Papier kursiert seit Sommer 2017 unter Journalist­en und Juristen – die meisten stuften es als wenig stichhalti­g ein.

Die WKStA legte die Causa nicht gleich ad acta. Im Jänner 2018 kam wieder Dynamik in die Sache, als FPÖ-Innenminis­teriumsgen­eralsekret­är Peter Goldgruber zur WKStA kam, um die Vorwürfe zu bespre- chen. Und plötzlich war auch die Rede von vier Zeugen. Sie alle führten mit Innenminis­ter Herbert Kickls Kabinett Vorgespräc­he und wurden von einem Kabinettsm­itarbeiter an die WKStA herangefüh­rt, sogar zu Zeugenauss­agen begleitet.

Schriftlic­h traf die Entbindung vom Amtsgeheim­nis des Innenminis­teriums jedenfalls erst am 27. März 2018 in der WKStA ein – einen Monat, nachdem die Einvernahm­en stattgefun­den hatten. In den Vernehmung­sprotokoll­en findet sich ebenfalls kein Hinweis auf Befreiung – die Staatsanwä­ltin hat offenbar nicht danach gefragt.

Dazu geht aus einem Protokoll einer Dienstbesp­rechung hervor, dass die WKStA Goldgruber später sogar darauf hingewiese­n hätte, dass die Entbindung nicht vorliege. Dieser teilte eilig mit, dass dies mündlich passiert sei. Wo und wann er das getan hat, darauf bekam „Die Presse“vom Innenminis­terium keine Antwort.

Auch Neos-Abgeordnet­e Stephanie Krisper versuchte im U-Ausschuss, Antworten dazu zu bekommen – die fielen rudimentär aus. Wohl auch deswegen hat die Opposition am Freitag ihre U-Ausschuss-Pläne für die kommende Woche noch geändert. Die führende Staatsanwä­ltin, Ursula Schmuderma­yer, muss nächsten Donnerstag noch einmal Rede und Antwort stehen.

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