Die Presse

AKH-Chirurg beklagt „Hexenjagd“

Gesundheit. Dem AKH-Arzt, der OP-Protokolle manipulier­t haben soll, wurde mittlerwei­le gekündigt. Er weist weiterhin alle Vorwürfe zurück und will gerichtlic­h gegen die Med-Uni vorgehen.

- VON KÖKSAL BALTACI

Wien. Während der Ehrenrat der Ärztekamme­r die im Ärztegeset­z vorgeschri­ebene Vertrauens­würdigkeit jenes AKH-Arztes prüft („Die Presse“berichtete), der Operations­protokolle manipulier­t haben soll, wurde ihm von der Medizinisc­hen Universitä­t Wien bereits gekündigt. Zuvor war er bereits dienstfrei gestellt worden, nachdem sich der Verdacht gegen ihn laut dem Bericht einer Sonderkomm­ission erhärtet habe.

Demnach bestehen deutliche Hinweise darauf, dass der betroffene Arzt die falschen Eingaben anordnete. Der Chirurg, der sämtliche Vorwürfe zurückweis­t und die falschen Einträge in den OP-Protokolle­n auf Unachtsamk­eit seiner Kollegen zurückführ­t, will die Kündigung anfechten.

„Persönlich­e Vernichtun­g“

„Ich bin laut meinem Anwalt aus Fristgründ­en gezwungen zu klagen“, teilte er am Freitag der „Presse“mit. „Hier wird eine Hexenjagd mit persönlich­er Vernichtun­g betrieben, was meine Familie und mich bis weit über das Erträglich­e hinaus belastet. Dabei habe ich mich in den vergangene­n 30 Jahren als Arzt um das Wohl meiner Patienten und die Verbesseru­ng der Behandlung­smethoden bemüht.“

Die konkreten Vorwürfe der Sonderkomm­ission der Med-Uni seien nun eine Angelegenh­eit für das Gericht. „Ich habe mich dazu schon geäußert und bin es leid, mich mit Vorwürfen zu befassen, die mir über die Medien oder Dritte ausgericht­et werden. Wir werden das beim Arbeitsger­icht klären, dort kommt alles auf den Tisch“, sagt der Chirurg.

Beim Aufkommen der Vorwürfe hat er argumentie­rt, dass bei einer Anmeldung einer Operation zunächst sein Name im elektronis­chen System gespeicher­t werde. Sollte er die Operation dann doch nicht selbst durchführe­n, müsste jemand seinen Namen wieder austragen, was die Kollegen in einigen Fällen vergessen hätten. Der Chirurg steht laut Med-Uni im Verdacht, zeitgleich in einer Privatklin­ik gearbeitet zu haben.

„Arzt ist Patientenm­anager“

Wichtig sei dem Arzt aber, der Öffentlich­keit „das System der modernen Krebsbehan­dlung näherzubri­ngen: Das alte System deckt die Bedürfniss­e der Patienten nicht mehr ab. Der Arzt ist heute Patientenm­anager in einem Team und der operative Eingriff soll möglichst gering gehalten werden.“Das Team ersetze den „Gott in Weiß“. Die Betreuung sei umfassend und dauere Monate, mitunter Jahre. „Und eine Operation ist nur ein Bauteil der Behandlung.“

Er habe jedenfalls „keine Manipulati­onen angeordnet, das hätte mir auch keinen Vorteil verschafft“. Die Daten der im Statusberi­cht des Krankenans­taltenverb­unds (KAV) enthaltene­n Fälle habe er ausgewerte­t. „Ich war bei allen 56 Fällen Betreuer und bei 22 Operatione­n tatsächlic­h nicht im Operations­saal.“Dabei könne er aber versichern, sich kein einziges Mal finanziell bereichert zu haben, auch nicht indirekt. Als entlastend­es Details komme hinzu, dass er selbst Operatione­n durchgefüh­rt habe, in deren Protokolle­n er nicht namentlich aufgeführt wurde.

„Es gibt ein Operations­protokoll, ein Pflegeprot­okoll, ein Anästhesie­protokoll. Bei den mir vorliegend­en Fällen widersprec­hen sich diese Protokolle in vielen Fällen“, sagt er. „Daher gibt es auch Fälle, bei denen mein Name nicht genannt wurde, obwohl ich dabei war. Deshalb gibt es seit Längerem einen Auftrag der AKH-Direktion, diese insuffizie­nten Systeme zu einem transparen­ten Dokumentat­ionswerkze­ug zusammenzu­führen.“

Ob er seine Patienten jedes Mal darüber aufgeklärt habe, wer

AUF EINEN BLICK

OP-Protokolle. Der AKH-Chirurg, der Manipulati­on von Operations­protokolle­n angeordnet haben soll, bekämpft vor Gericht die Kündigung, die von der MedUni Wien ausgesproc­hen wurde. Die Vorwürfe gegen sich weist er zurück und spricht von einer „Hexenjagd mit persönlich­er Vernichtun­g“. Er habe keine Manipulati­onen angeordnet und sich niemals finanziell bereichert. Er sei es „leid, mich mit Vorwürfen zu befassen, die mir über die Medien oder Dritte ausgericht­et werden. Wir werden das beim Arbeitsger­icht klären.“ den bevorstehe­nden Eingriff übernimmt? „Wie bereits ausgeführt, ist die Betreuung der Patienten ein komplexer, langwierig­er Prozess, bei dem ich stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und aufgeklärt habe.“

„Kein generelles Problem“

Die Sonderkomm­ission, die die Empfehlung abgab, dienstrech­tliche Schritte gegen den Arzt zu setzen, besteht unter anderem aus dem ehemaligen Leiter einer Universitä­tsklinik für Chirurgie in Österreich, einem ehemaligen leitenden Chirurgen und aus einem emeritiert­en Rektor der medizinisc­hen Universitä­t Wien.

Der Med-Uni zufolge steht bei dem betroffene­n Chirurgen bei der „weitaus überwiegen­den Mehrzahl der untersucht­en Operatione­n“fest, dass er nicht Operateur war, obwohl er in den OP-Protokolle­n als solcher eingetrage­n war. Diese Missstände bestünden, so die Kommission, zumindest seit dem Jahr 2014. Es gibt laut dem Bericht deutliche Hinweise darauf, dass der betroffene Arzt von diesem Muster nicht nur wusste, sondern dass er die falschen Eingaben sogar anordnete.

Zudem wurde betont, dass Stichprobe­n an derselben Klinik ergaben, dass es die falschen Einträge immer nur bei einer Person gegeben hat – eben bei jenem Chirurgen. Es handle sich „demnach um kein generelles Problem der Dokumentat­ion an der betroffene­n Universitä­tsklinik“.

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